In Fürth speisen immer mehr Bedürftige bei der Tafel

12.4.2008, 00:00 Uhr
In Fürth speisen immer mehr Bedürftige bei der Tafel

© Winckler

Es sind «immer mehr junge Leute» darunter, sagt Traudel Cieplik. Schüler und Studenten, die aus der Bafög-Förderung fallen oder von ihren Eltern nicht mehr unterstützt werden. Allein Erziehende und auch Menschen, die sich verschuldet haben, und denen im Monat kaum mehr 200 Euro zum Leben bleiben.

«Die Härte, die eine Behörde leben kann und muss», sagt Traudel Cieplik, die Vorsitzende des gemeinnützigen Vereins, «müssen wir nicht beweisen.» Dabei hat sich die Fürther Tafel auch Regeln auferlegt: In den acht Ausgabestellen in Stadt und Landkreis darf jeder einkaufen, der mit wenig Geld auskommen muss.

Hartz-IV- und ALG-II-Empfänger gehören dazu, ebenso Rentner, die Grundsicherung erhalten. Für alle Übrigen liegt die Einkommensgrenze bei 750 Euro netto im Monat für eine Person. Für jedes weitere Haushaltsmitglied kommen 300 Euro dazu. Die Angaben prüft der Verein auch nach: Es müssen beispielsweise Rentenbescheide vorgelegt werden, man hakt nach, ob zusätzlich Witwenrente bezogen wird oder eine zweite Person im Haushalt lebt. Halbjährlich werden die Angaben überprüft. 3300 Ausweise hat der Verein seit seiner Gründung vor sieben Jahren ausgestellt, die meisten werden aktiv genutzt.

Plus von 16 Prozent

Allein für 2007 beträgt der Zuwachs der Berechtigten rund 16 Prozent. Ist die steigende Zahl der Kunden der Fürther Tafel ein Indiz dafür, dass die Bevölkerung immer ärmer wird? Die Statistik deckt diese Annahme nur teilweise. Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften in Fürth stagniert seit Monaten knapp unter 5000, sagt Arge-Geschäftsführerin Michaela Vogelreuther. Es waren schon deutlich mehr, zeitweise fast 5500.

Im Sozialamt steigen die Zahlen «langsam, aber stetig», wie der stellvertretende Amtsleiter, Stefan Steinbacher, sagt. Erhielten 2006 noch 703 Personen die Grundsicherung, waren es im vergangenen Jahr 750. Die Zahl der zeitweise Erwerbsunfähigen stieg von 168 auf 183. Aber: Die Behörden raten Menschen, die noch keinen Anspruch auf staatliche Unterstützung haben oder denen die Leistungen gekürzt werden, inzwischen gezielt, die Lebensmittelausgabe der Tafel zu nutzen. Dem Beispiel folgen auch die Schuldnerberatungsstellen.

Es gibt schließlich kaum eine leichtere Möglichkeit, den eigenen finanziellen Spielraum zu vergrößern. Pro Person und Einkauf - die Lebensmittel werden von Tafel-Mitarbeitern zugeteilt - zahlen Bedürftige einen Euro. Lockt das Trittbrettfahrer an? «Wir kommen häufig in Gewissenskonflikte», sagt Cieplik. Da ist zum Beispiel die Krebskranke, der die Ämter die Unterstützung versagen. Sie solle ihr Häuschen verkaufen. Darf sie einkaufen? Die Fürther Tafel behält sich in solchen Fällen die Entscheidung vor. Schluss ist definitiv da, wo die Raten für den Bausparvertrag am Essen gespart werden sollen.

Die Arbeit wird nicht ausgehen, ist Cieplik überzeugt. Sie wurde kürzlich als Vorsitzende bestätigt und wird die Fürther Tafel bis 2010 mit Jutta Hammer, Günther Neumann, Konrad Wolf und Dieter Sieber führen.