In Oberasbach sind die Turnstunden anders

4.12.2014, 15:29 Uhr
In Oberasbach sind die Turnstunden anders

© Foto: Hans Winckler

In Oberasbach sind die Turnstunden anders

Die Sonne hat keine wirkliche Chance gegen diesen trüben Wintertag. Umso heller wirkt das künstliche Licht in der Turnhalle im Oberasbacher Förderzentrum, das durch die großflächige Glasfront in den späten Nachmittag scheint. Auf ganz andere Weise aber erhellt das Geschehen die Herzen. Der achtjährige Timo hat das sogenannte Down-Syndrom. Weltweit haben zirka fünf Millionen Menschen diese Genommutation, in Deutschland sind es etwa 50 000.

Als Timo die Sprossenwand erklommen hat und nach einem beherzten Sprung auf der Matte landet, strahlt er. Das einzige, was zwei nichtbehinderten Kindern dazu einfällt, ist: „Pass auf deine Brille auf, Timo!“ Von Mauern im Kopf ist nichts zu spüren. Die Kinder nehmen sich gegenseitig so an, wie sie sind. Die Behinderung ist im alltäglichen Umgang schlichtweg kein Thema. Berührungsängste abzubauen, ist auch eines der Ziele von Mirjam Schuh.

Seit nunmehr vier Jahren bietet die 30-jährige Lehrerin der Fürther Maischule gemeinsam mit ihrem Mann Florian ein „integratives Kinderturnen“ an. Im Jahr 2010 hat der BVS-Verband dem Behinderten- und Vital-Sportverein Fürth das Prädikat der „Erlebten Integrativen Sportschule“ verliehen.

26 solcher Einrichtungen gibt es bayernweit. Voraussetzung dafür sind zwei Übungsleiter pro Gruppe, wovon einer pädagogisch qualifiziert sein muss. Des Weiteren müssen behinderte und nichtbehinderte Kinder gemeinsam Sport treiben, um so bei allen die persönlichen sozialen und körperlichen Fähigkeiten zu stärken.

Mittlerweile bietet der Verein neben dem Kinderturnen auch noch eine Gruppe im Fußballtennis, ein Haltungsturnen für Vorschulkinder sowie eine Bewegungs- und Tanzgruppe für Mädchen an. Mit diesem breiten Konzept hat sich der Verein beim BLSV beworben, was zur Auszeichnung mit dem mittelfränkischen Sportpreis in der Kategorie „Integration/Inklusion“ führte.

Heimat beim SV Poppenreuth

Neben einem Pokal, der für große Augen bei den kleinen Sportlern sorgte, erhielt der Verein 500 Euro. „Das Geld wird zweckgebunden verwendet, beispielsweise für Sportgeräte oder eine Weihnachtsfeier für die Kinder“, erklärt Willi Dahinten, der Vorsitzende des BVS Fürth.

Ein eigenes Sportgelände besitzt der Verein nicht. Seit fast vier Jahrzehnten aber dient das Gelände des SV Poppenreuth als Heimat. Dort hat sich der BVS eine Geschäftsstelle und einen kleinen Platz mit zwei Holzhütten eingerichtet.

Insgesamt zählt der Klub 395 Mitglieder, darunter sind 98 Kinder. Der Großteil ist entweder körperlich oder geistig behindert. Die Ursprünge reichen bis ins Jahr 1951 zurück. Nach der Gründung bot der BVS Kriegsversehrten die Möglichkeit, Sport zu treiben. Im Jahr 1988 folgte der Eintrag ins Vereinsregister sowie die offizielle Kooperation mit dem SV Poppenreuth.

Seit vielen Jahren arbeitet der Klub außerdem mit der Fürther Lebenshilfe zusammen. Der Verein stellt die Übungsleiter, die Lebenshilfe die Sportstätten. „Es ist ein stetes Geben und Nehmen, wir tauschen uns viel mit der Einrichtung aus“, sagt Mirjam Schuh.

Als die Sonne untergeht, wird es auch in der Halle dunkler. Was bleibt, ist die Freude der Kinder. Die Freude am gemeinsamen Sport treiben, ganz egal, ob mit oder ohne Einschränkung.

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