In Sachen Söhne: Eltern erhalten Nachhilfe

26.12.2016, 14:00 Uhr
In Sachen Söhne: Eltern erhalten Nachhilfe

© Foto: Juliane Pröll

Die bestuhlte Mensa ist bis auf den letzten Platz mit Eltern pubertierender Kinder besetzt. Karl, Vater zweier Söhne und „Eltern-Coach“ mit einer Praxis für Familien-, Jungen- und Männerberatung, zeigt Probleme auf, gibt aber auch Orientierungshilfen, um die Pubertierenden zu verstehen. Zudem bietet er Lösungsansätze an praktischen Beispielen, auch aus dem eigenen Leben, an.

Eine große Frage während der Veranstaltung: Was hilft den Jungen, selbstständiger zu werden? „Jungs haben zwei Grund-Gene“, sagt Karl. „Ein Action-Gen und ein Bequemlichkeits-Gen.“ Der Sozialpädagoge sieht hier das Problem vor allem in der Überbehütung der Jungen durch die Mütter oder Väter. Dadurch würden die Minderjährigen lernen: „Ich brauche nicht denken, denn Mama tut das für mich.“ Infolgedessen wird laut Karl die Selbstständigkeitsentwicklung nicht trainiert. Deshalb sind diese überbehüteten Jungen oft auch in der Abnabelungsphase der Pubertät unselbstständig.

Das wiederum kann sich in vielerlei Hinsicht auf ihr Leben auswirken. Fehlende Initiative, das eigene Leben zu gestalten und mangelnde Motivation zu Arbeiten, um sich selbst versorgen zu können, sind dann nur einige der auftretenden Probleme.

Auch das aggressive Verhalten der Teenager sowie die Problematik der Stubenhocker, die sich in den schützenden Kokon ihres Kinderzimmers zurückziehen, anstatt eigene Erfahrungen im Leben zu machen, wird behandelt. Beim Vortrag nimmt der 55-Jährige kein Blatt vor den Mund und gibt verwendete Ausdrücke in bestimmten Situationen schonungslos wieder.

Karl fordert von den Eltern ein konsequentes Durchgreifen, aber mit Köpfchen. Ruhig bleiben, heißt seine Devise. Sich als Eltern manchmal raushalten und den Pubertierenden Fehler machen lassen, auch wenn das oft schwierig ist. Wie gewinne ich den Kampf mit meinem hitzköpfigen Sohn? Warum ist er so desinteressiert? Wie gehe ich mit übermäßigem Internet-Konsum um? All diese Fragen beantwortet der Referent auf unterhaltsame Weise, mit fundiertem Wissen, an Beispielen aus dem eigenen Leben und mit Humor: „Wenn Ihr Sohn sagt: ,Ihr habt mir nix mehr zu sagen‘, sind Sie keine Eltern mehr – Sie sind entlassen.“

Doch warum brauchen Eltern überhaupt Nachhilfe bei diesen Themen? „Man vergisst zu viel“, erklärt Karl. „Man vergisst, was Jugend bedeutet oder verdrängt es. Man spielt den vernünftigen Erwachsenen und übersieht die Irrungen und Wirrungen auf der Suche nach Identität.“ Laut dem Referenten zeigt die Statistik, dass bei den Jungen heute deutlich mehr Problemfälle als bei den Mädchen auftreten. Die Jungen seien verunsichert durch „Feminisierung der Erziehung und mangelnde Väter.“

Mädchen würden in der Pubertät Ähnliches erleben, fangen sich dem Sozialpädagogen zufolge aber meist im Alter von 16 oder 17 Jahren wieder, während Jungs heutzutage oft „uferlos“ unreif und unselbstständig blieben. Die Selbstständigkeit und Lebenskompetenz hinge aber auch damit zusammen, wann die Jungen mit der Realität wie dem Arbeitsleben konfrontiert würden.

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