Infos vom Küchentisch

22.4.2006, 00:00 Uhr
Infos vom Küchentisch

Stellen Sie sich eine schmale Altbauküche in einem Haus in der Jakobinenstraße vor. Ein Tisch, Wasseranschluss und Heizung. Kann man so Zeitung machen? Man kann. Fritz Wienroeder hat’s vor 60 Jahren bewiesen. Der gebürtige Fürther baute im Frühjahr 1946 ganz alleine den Fürther Lokalteil für die auch in Fürth erscheinenden Nürnberger Nachrichten auf, die als dritte Zeitung in Bayern nach dem Krieg wieder erscheinen durfte.

Wichtige Kontakte

Wienroeder stellte eine eigene Redaktion auf die Beine, die allerdings - zumindest vorläufig - nur aus ihm bestand. Die Texte schrieb er in seiner Küche in der Wohnung, Jakobinenstraße 10, denn nur für diesen Raum reichte das Heizmaterial. Erst später, im Mai 1947, zog die «Redaktion“ in eigene Räume um. Nun wurde in der Königswarterstraße 26 getippt. Die Informationen bekam Wienroeder damals freilich weder per Telefon oder Fax. Persönlicher Kontakt hieß das Zauberwort.

Daher gelang es ihm beispielsweise auch mühelos, über den Wirt vom «Roten Roß“ einen Glaser zu bekommen, der fehlende Scheiben in der Redaktionsstube ersetzte, und die Spielvereinigung stellte leihweise Hocker zur Verfügung, die sie nicht benötigte, weil die Tribüne ausgebrannt war.

Am 6. März 1946 erschien erstmals eine Seite in den Nürnberger Nachrichten, die den Kopf Fürth Stadt und Land mit einem Kleeblatt verziert trug. «Färth bleibt Färth . . .“ hatte Wienroeder seinen ersten Leitartikel überschrieben, in dem er die Einführung der neuen Seite begründete. Die Fürther Seite erschien damals zunächst an zwei Tagen - mittwochs und samstags -, wenig später kam ein dritter Tag hinzu: Wegen des Sports wurden die Leser künftig auch montags bedient. Erst ab 1949 kam die Zeitung vier Mal die Woche heraus. Seit 1952 erscheint sie an sechs Tagen. Gedruckt wurde sie lange Zeit bei der Zirndorfer Druckerei Bollmann.

Die erste Seite von 1946 beherrscht jedoch der «Glückwunsch der Stadt Fürth“, die sich selbstredend darüber freut, dass Fürth nun in den Nürnberger Nachrichten mehr Aufmerksamkeit erhält. Sie richtet an Wienroeder, den Alleinredakteur, den Wunsch, er möge doch den politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Belangen «unserer Stadt sorgsamste Beachtung schenken“. Umgekehrt verspricht sich die Verwaltung vom regelmäßigen Erscheinen, über «die Presse mit der Öffentlichkeit wieder in Verbindung zu treten“.

Ein Wunsch, den die Stadt freilich bis heute hegt.

Denkwürdige Entscheidung

Im «Leitartikel“ der ersten Fürth-Nummer begründet Wienroeder das Erscheinen der Ausgabe auch mit einem denkwürdigen Datum: Am 22. Januar 1922 entschieden sich die Fürther nämlich für die Selbstständigkeit ihrer Stadt — und gegen einen Anschluss an Nürnberg. Grund genug, auch Fürth endlich mehr Platz in der Zeitung einzuräumen, fand Wienroeder. Im Juni 1947 erhält er schließlich Verstärkung von einer Sekretärin und einem Volontär. Im Herbst 1948 darf die Zeitung in Fürth schließlich einen eigenen Titel führen: Die Fürther Nachrichten sind geboren.

Die Zeitungsseite aus Fürth war in der Anfangszeit geprägt von Veranstaltungshinweisen und Vereinsberichterstattung — Rubriken, die heute in den Fürther Nachrichten längst nicht mehr so viel Raum einnehmen. Die Fürther Ausgabe aus dem Jahr 1946 war quasi die Zusammenschau aller Ressorts (außer Sport) auf einer Seite.

Filmbesprechungen hatten dort ebenso ihren Platz wie Polizeimeldungen. Ein längerer Artikel in der ersten Ausgabe befasste sich mit einem auch heute nicht ganz unbekannten Thema: «Verkehrsunfälle auf dem Schulweg“.

Leser melden sich

Nicht fehlen durfte auch die kleine Spalte «Aus der Nachbarstadt“, die Mitteilungen aus Nürnberg enthielt. Wenige Tage nach der ersten Ausgabe wurden bereits Leserbriefe abgedruckt. Redakteur Fritz Wienroeder schrieb dazu: «Dagegen ist nichts einzuwenden. Im Gegenteil! Der Mann von der Zeitung lernt die Stimmung in der Bevölkerung kennen . . .“

Fotos aus Fürth tauchen noch selten auf. Ausnahme ist die Seite vom 23. März, als die FN Hans Bornkessel, Fürths neuen Oberbürgermeister, mit einem kleinen Bild vorstellen.