Selbstverteidigung: Angst ist ein schlechter Begleiter

13.2.2016, 11:00 Uhr
Das Interesse an Selbstverteidigungskursen ist nach den Vorfällen von Köln gewachsen.

© Stefan Hippel Das Interesse an Selbstverteidigungskursen ist nach den Vorfällen von Köln gewachsen.

Herr Hübner, die Sicherheit von Frauen ist spätestens seit den Ereignisse in der Silvesternacht in Köln und anderen Großstädten ein Thema. War das für Sie der Anlass, jetzt einen solchen Kurs anzubieten?

Stefan Hübner: Ich will das Angebot nicht nur auf diese Vorfälle beziehen. Ich wurde schon im Herbst vergangenen Jahres gefragt, ob ich nicht so ein Training anbieten möchte. Bereits vor zwei Jahren habe ich schon einmal einen Kurs abgehalten. Damals musste ich mich richtig anstrengen, um ausreichend Teilnehmerinnen zu finden. Unter dem Eindruck der Silvesternacht war das jetzt kein Problem. Es können aber immer noch Interessierte einsteigen. Ich möchte möglichst niemanden abweisen.

 

Sie nehmen das Thema sehr ernst. Haben Sie noch weitere Motive, den Kurs zu veranstalten?

Hübner: Ja, ein Freund von mir ist Polizist. Er berichtet mir immer wieder davon, dass die Hemmschwelle sinkt, leider sind Männer, oft alkoholisierte, nicht selten gewaltbereit. Ich finde, Frauen sollten ohne Angst zu jeder Tages- und Nachtzeit unterwegs sein können. Und auch Frauen, die von häuslicher Gewalt bedroht sind — und das gibt es häufiger, als man denkt — müssen sich wehren können.

 

Judo ist Ihre Leidenschaft, aber Selbstverteidigung ist doch sicher etwas anderes.

Hübner: Das stimmt. Ich habe mal an einer Fortbildung teilgenommen. Der Referent war sehr qualifiziert, er thematisierte nicht nur die körperliche Gegenwehr, sondern auch das richtige Verhalten.

 

Was meinen Sie damit?

Judo ist Stefan Hübners Leidenschaft, jetzt bietet er einen Selbstverteidigungskurs an.

Judo ist Stefan Hübners Leidenschaft, jetzt bietet er einen Selbstverteidigungskurs an. © Foto: Weier

Hübner: Es gibt viele kleine Dinge, die Frauen beachten können. Nehmen wir das Beispiel Tiefgarage oder generell schlecht beleuchtete Passagen und Gassen. Dort sollten Frauen immer möglichst in der Mitte laufen, nicht an der Wand entlang. Wenn ein Täter in einer Nische lauert, kann er nicht so leicht zugreifen und die Frau mit sich zerren, da sie Abstand hält.

 

Haben Sie noch mehr solch praktische Tipps?

Hübner: Ihren Hausschlüssel sollten Frauen schon im Auto aus der Handtasche nehmen und nicht erst vor der Haustür danach suchen. Oder die Handtasche immer auf der Körperseite tragen, die der Häuserreihe zugewandt ist. Denn der Täter, der es auf die Tasche abgesehen hat, will schnell zupacken und fliehen können, dazu braucht er Platz. Im Zug oder in der U-Bahn sollten Frauen lieber dort einsteigen, wo möglichst viele Menschen sind, und nicht allein in einem Abteil bleiben.

 

Also machen Sie in Ihrem Kurs nicht nur praktische Übungen.

Hübner: Ja, ich gehe auch auf die Rechtslage ein und gebe Hinweise für das richtige Verhalten in brenzligen Situationen. Aus der Statistik geht ganz klar hervor, dass Abwehr vielen helfen kann. Zeigt eine Frau keine Gegenwehr, lassen nur 18 Prozent der Täter von ihr ab, schreit sie laut und winkt mit den Armen, sind es schon 43 Prozent, die das Weite suchen, und das steigert sich auf 80 Prozent, wenn sich eine Frau körperlich wehrt. Für die Täter ist das ideale Opfer jemand, der vor Angst und Panik einfach nur erstarrt.

 

Welche Vorkenntnisse brauchen die Teilnehmerinnen?

Hübner: Keine, es kann jede Frau ab 16 Jahren teilnehmen, egal wie sportlich, egal wie alt.

 

Mimen die männlichen TVR-Judokas die Angreifer?

Hübner: Nein, ich werde der einzige Mann in der Halle sein. Schließlich möchte ich nicht, dass eine Frau Hemmungen hat. Üben werden die Teilnehmerinnen miteinander.

 

Was wird geübt?

Hübner: Ich setze darauf, dass die Frauen dem Angreifer schnell einen starken Schmerz zufügen. Die Zeit, die sie dann gewinnen, können sie zur Flucht nutzen oder um Hilfe zu holen. Beinarbeit vermeide ich möglichst, denn erwischt der Angreifer das Bein, kann es richtig gefährlich werden.

 

Der Kurs umfasst zehn Trainingseinheiten. Reicht das aus, um sich sicher zu fühlen?

Hübner: Ich denke doch, zu viele Griffe und Techniken verwirren nur.

 

Immer mehr Frauen rüsten sich mit Pfefferspray aus oder beantragen sogar einen kleinen Waffenschein. Was halten Sie davon?

Hübner: Wenn man in Ernstfall sein Spray erst aus der Tasche oder der Hosentasche kramen muss, dauert das viel zu lange. Eigentlich müsste man so ein Selbstschutzmittel immer in der Jacke und die Hand daran haben. Aber das ist wohl unrealistisch.

Restplätze für den Kurs, der am Dienstag, 16. Februar, um 18.30 Uhr in der Jahnturnhalle (Schulstraße) beginnt, gibt es noch bis Samstag. Er geht über zehn Wochen und kostet für Nicht-TVR-Mitglieder 55 Euro. Anmeldung: judo-rosstal@t-online.de

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