J wie Jung

17.8.2012, 11:00 Uhr
J wie Jung

© Horst Linke

Der Oberbürgermeister und sein Namensvetter sind sich schon einmal begegnet, es muss so zehn Jahre her sein. Thomas Jung — der andere — lebte erst seit kurzem in Fürth und fand einen Kindergeldbescheid in seinem Briefkasten. Den hat er dem Oberbürgermeister dann bei einer Veranstaltung überreicht, und der lud ihn ins Schwarze Kreuz ein. Seit diesem Essen kennen sie sich.

Der Handschlag ist herzlich, der Oberbürgermeister erinnert sich sogar noch schemenhaft an Details. „Sie wohnen noch in der Schwabacher Straße?“ Doch Thomas Jung, geboren 1956 in Witten an der Ruhr, ist umgezogen in die Alte Reutstraße. Nah am Wiesengrund, so wie der Oberbürgermeister auch. Die erste Gemeinsamkeit.

Die größte Übereinstimmung nehmen beide gelassen. „Thomas Jung, den Namen gibt’s wie Sand am Meer!“, sagt der Zuwanderer aus Witten. Allein in seiner Heimatstadt gebe es eine Handvoll, in Nürnberg auch jede Menge. Der OB kann im Gegenzug mit einer auffälligen Häufung trumpfen: Unter den Oberhäuptern der 80 deutschen Großstädte finden sich drei Jungs. Neben ihm noch Burkhard Jung aus Leipzig und Peter Jung aus Wuppertal.

Aber in Fürth gibt es nur zwei Thomas Jung. Im Telefonbuch freilich steht nur der eine. Immer mal wieder ruft jemand bei ihm an und will den OB sprechen. Thomas Jung kann dann beteuern, wie er will, dass ein anderer im Rathaus sitzt — manche Anrufer wollen einfach was loswerden. Ein Mann, der bei einem Busunfall verletzt wurde, erzählte dem Nicht-Politiker die ganze Leidensgeschichte: Machen Sie mal was!

Eine Aufforderung, die Oberbürgermeister Jung täglich hört. Zu Beginn der ersten Amtszeit meldeten sich Bürger mitunter noch salopp: „Ist der Thomas da?“ Manche beriefen sich sogar darauf, dass ihre Schwester doch mit ihm in eine Klasse gegangen sei... Schicksal eines Politikers, der 1961 in Fürth geboren und aufgewachsen ist, der während seines Rechtswissenschaftsstudiums in Erlangen in der Kleeblattstadt wohnen blieb, der seit 1984 Stadtrat war und Fürth ab 1994 als bayerischer Landtagsabgeordneter vertrat, bevor er im März 2002 zum Stadtoberhaupt gewählt wurde.

So gerade, so zielstrebig ist das Leben des anderen Thomas Jung nicht verlaufen. Der ausgebildete Erzieher hatte mit einem Sozialpädagogik-Studium geliebäugelt, jobbte dann. Mitte der 80er Jahre folgte er einer Liebe nach Franken und lebte zunächst in Nürnberg, wo er zum Industriekaufmann umschulte. Seit über 20 Jahren arbeitet er in einer Feuerverzinkerei.  

Es gibt Gemeinsamkeiten

Zurück zu den Gemeinsamkeiten. Beide Jungs müssen schwache Sprüche zum Geburtstag über sich ergehen lassen. „Auch du wirst älter“ zum Beispiel und inzwischen eher „Du bist doch immer jung.“ Als gestandene Männer halten sie sich mit Sport fit: Beide sind Taucher, beide laufen und radeln gern. Und als die Spielvereinigung Greuther Fürth gegen Borussia Dortmund gespielt hat, hat sogar der Ruhrpott-Thomas Jung zu Fürth gehalten. Musik? Thomas Jung hat begonnen, Gitarre zu lernen und schaut abends — unterm Kopfhörer — Konzertmitschnitte, der OB erinnert sich an BAP und Konstantin Wecker, die er früher mal hörte. Lieblingsfilm? Schwer zu entscheiden, meinen die Namensvettern. „Forrest Gump“ fällt dem OB ein, Thomas Jung findet den auch gut. Bücher? Die Titel „Entdeckung des Himmels“ und „Schlafes Bruder“ fallen, aber so richtig Zeit zum Lesen — die haben sie beide nicht.

Der Oberbürgermeister, weil ihn Amt und Aufgaben stark fordern. Der Industriekaufmann, weil er kleine Kinder hat. Zwei aufgeweckte Mädchen, fünf und sieben Jahre alt. „Ich bin ein später, aber begeisterter Vater“, sagt Thomas Jung. Die beiden Söhne des Politikers sind schon 17 und 19 Jahre. Und während dessen Ehefrau Heike ebenfalls aus Fürth kommt, stammt Thomas Jungs Frau aus Thailand. 2003 hatte sie ihre Schwester besucht und ihn kennengelernt. Noch eine Linie, die von Thomas Jung zu Thomas Jung führt. Er sei im Leben nie länger anderswo gewesen als in Bangkok, sagt der Oberbürgermeister: Während des Referendariats als Jurist hatte er drei Praktikumsmonate im Auswärtigen Amt in Thailand verbracht.

An Fürth hängen beide. Das Stück Kunstrasen mit silbernem Kleeblatt, das als Kunstinstallation auf dem Tisch das Amtszimmer des Oberbürgermeisters ziert, wechselt von einem Thomas zum anderen. Die schönste Stelle der Stadt? Gerade vorgestern habe er zwei kleine Weiher mit Seerosen im Stadtwald entdeckt und vor einiger Zeit einen Biber in der Pegnitz gesehen, schwärmt der OB. Nicht weit entfernt ist der Stadtpark. „Quasi mein Garten“, meint der andere Thomas Jung. Und die schlimmsten Seiten der Stadt? Sieht der Oberbürgermeister am Kreisverkehr an der Waldstraße, während Thomas Jung enttäuscht von der Fußgängerzone erzählt. Und wenn ein Satz beginnt: Ich liebe Fürth, weil...? führt ihn der eine weiter, „weil die Stadt so schön überschaubar ist und immer wieder überraschend“ und der andere sagt, „weil Fürth eine richtig familienfreundliche und multikulturelle Stadt ist“. Und jetzt raten Sie mal, welcher Thomas Jung was gesagt hat!

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