Jahn-Halle: Sanierung wird deutlich teurer

30.1.2018, 21:00 Uhr
Jahn-Halle: Sanierung wird deutlich teurer

© Visualisierung: Lemkearchitektur

Vielleicht spiegelt der Farbton ein wenig die Hoffnung, dass wenigstens die Drei-Millionen-Grenze nicht gerissen wird: Grün wird sich die Jahnhalle künftig präsentieren, die Fassade mit Metall verkleidet. Vor den Glasfronten sorgen Lochplatten für die Beschattung.

)Eine Preissteigerung für das gesamte Projekt um 70 Prozent im Vergleich zur Kalkulation — das war Franz X. Forman zu viel. Er stimmte als Einziger im Ausschuss gegen das Vorhaben und blieb damit der Linie der Freien Wähler treu. Diese hatten sich unter dem finanziellen Aspekt von Anfang an gegen die Sanierung ausgesprochen. Die quantenmäßige Preissteigerung ist das Ergebnis der Begehungen und Beprobungen durch die Fachleute. Dabei traten nicht nur unliebsame Überraschungen zu Tage, auch die eine oder andere Notwendigkeit ergab sich (siehe Artikel unten).

Von einer Luxussanierung ist keine Rede. Vermuten können hätte man das vielleicht anfangs bei den energetischen Sanierungsmaßnahmen, bei denen die Stadträte zur bestmöglichen Lösung griffen. Drei Varianten hatte die Arge Diels, Kretschmar und Stolzenberger vorgestellt. Allerdings betonten die Experten, dass etwa die Gebäudehülle lediglich wie vorgeschrieben nach den Bestimmungen der Energiesparverordnung saniert wird. Heizung und Lüftung blieben erhalten und würden nur ergänzt bzw. optimiert. So wird, da der Schwingboden marode ist und ausgetauscht werden muss, gleich eine Fußbodenheizung eingebaut. Dadurch kann aber der Betrieb der vorhandenen ineffizienten Luftheizung weitestgehend eingestellt werden.

Im Vergleich zu den beiden einfacheren Alternativen setzt die gewählte Variante zwei Dinge oben drauf: Eine Solarthermieanlage für die Warmwasserversorgung und eine Dreifachverglasung für die Scheibenfronten — jedoch unter der Einschränkung, dass sich diese Maßnahmen bei vorherigen genaueren Prüfungen und Simulationsberechnungen als wirtschaftlich erweisen. Per anno würden sich so Einsparungen von 17 000 Euro ergeben. Amortisieren sollen sich die Ausgaben in Höhe von 386 000 Euro laut Kalkulation in knapp 17 Jahren.

Die Kostensteigerung bei der Sanierung hätte sich insbesondere durch den "schlechteren Zustand der Halle" ergeben, schreibt die Bauverwaltung in der Vorlage für die Stadträte. Werner Hetterich (CSU), selbst Architekt, wies außerdem darauf hin, dass die Schätzung "viel zu niedrig angesetzt war für das, was wir brauchen".

Architekt Johannes Lemke hatte aber auch gute Nachrichten parat. So weisen zwar die Fugen zwischen den Betonplatten der Außenfassade eine PCB-Kontaminierung auf. Ansonsten wartet das über 50 Jahre alte Gebäude mit keinerlei Belastungen auf. Das sei "eine Seltenheit für dieses Baujahr". Beim Brandschutz sind nur kleinere Maßnahmen notwendig, speziell bei den Kraftsportlern im Keller, die ihren Sport im Übrigen seit Jahrzehnten ohne baurechtliche Genehmigung betreiben. Das wird nun ebenfalls geregelt. Dem Alter geschuldet ist die Absage an die Ökologie. Laut Gutachten ist das Tragwerk des Daches zwar in Ordnung, eine Begrünung aber nicht möglich. Mit Blick auf Schneelasten sehe der Statiker keine ausreichenden "Reserven", sagte Lemke.

Beginnen sollen die Bauarbeiten in den Sommerferien und voraussichtlich im Herbst 2019 enden. Die Nutzungsdauer des sanierten Gebäudes sei dann, so Lemke auf Nachfrage, wieder auf 30 Jahre angelegt.

Die Kostenexplosion beurteilte Jürgen Schwarz-Boeck (CSU) zwar als unerfreulich. Aber: "Wir bekommen für drei Millionen Euro eine Multifunktionshalle. Bei einem Neubau stünde vor der Summe ,locker noch eine Eins‘". Norbert Schikora (Bündnis 90/Die Grünen) sprach mit Blick auf die variable und zeitliche Nutzung sogar von einer Steigerung im "tolerierbaren Rahmen".

2,8 Millionen Euro statt 1,6 Millionen Euro — was die Sanierung der Jahnhalle so viel teurer macht, ist auf die folgenden Posten zurückzuführen. Die genannten Summen sind als Zirkawerte zu verstehen:

Die Kanalsanierung: Das derzeitige Mischkanalsystem muss auf ein Trennsystem umgestellt werden, Kostenpunkt: 50 000 Euro.

Die Schadstoffsanierung: Die Fugen der Betonplatten der Außenfassade sind mit Polychlorierten Biphenylen (PCB) belastet, die als krebserregend gelten. Sie dürfen nicht überdeckt oder überbaut, sondern müssen entfernt werden, Kostenpunkt: 73 000 Euro.

Die barrierefreie Erschließung: Der Haupteingang, aber auch der rückwärtige Zugang, bekommen Rampen, die überdacht werden (120 000 Euro). Im Eingangsfoyer wird es einen Aufzug geben (50 000 Euro). Behindertengerechte Umkleiden und Toiletten entstehen auf der Hallenebene (50 000 Euro), Kostenpunkt insgesamt: 220 000 Euro.

Die multifunktionale Nutzung: Wenn etwa kulturelle Veranstaltungen mit bis zu 600 Besuchern stattfinden, braucht es Toiletten. Davon gibt es aktuell zu wenige, dafür aber zu große Umkleidekapazitäten – deshalb wird umgeplant. Außerdem soll in diesen Bereichen künftig eine Fußbodenheizung für wohlige und auf Dauer günstigere Wärme sorgen, Kostenpunkt: 160 000 Euro.

Der Hallenboden: Der marode Schwingboden wird durch einen flächenelastischen Sportboden ersetzt. Auch darunter wird eine Fußbodenheizung eingebaut, Kostenpunkt: 65 000 Euro.

Der Sportbetrieb: Zwar sollen in der Jahnturnhalle nur noch "ruhigere" Sportarten wie etwa Gymnastik stattfinden. Bis die neue Dreifachhalle steht, rollt aber hier auch der Ball. Deshalb braucht es Prallschutzwände, zumindest an den Stirnseiten, Kostenpunkt: 32 000 Euro.

Der Rest: Wer mitgerechnet hat, dem fehlen jetzt noch 400 000 Euro, um auf die 1,2 Millionen Euro Mehrkosten zu kommen — sie sind der insgesamt abgenutzten Bausubstanz — Architekt Lemke nannte beispielsweise den Austausch von Türen oder Geländern — geschuldet.

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