Jan Böhmermann in Fürth: Sexualorgane und Politik

5.2.2019, 07:48 Uhr
Jan Böhmermann gibt sich bei seinem Auftritt in Fürth schlagkräftig wie eh und je.

© Markus Kohler Jan Böhmermann gibt sich bei seinem Auftritt in Fürth schlagkräftig wie eh und je.

Es ist exakt 20.15 Uhr, als Böhmermann die Bühne betritt. Das könnte Zufall sein, oder aber ein dezenter Hinweis an das ZDF, das Böhmermanns "Neo Magazin Royale" erst irgendwann in der Nacht versendet. Das junge Publikum in der nahezu ausverkauften Fürther Stadthalle empfängt sein Idol jedenfalls freundlich - obwohl es von dem 37-jährigen Entertainer mit einem spätpubertären "Hey, ihr Fürther Ficker" begrüßt wird.

Zum Glück steigt das Niveau schnell, schon früh am Abend wird Böhmermann politisch. Dem meinungsstarken Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, hat er ein Lied gewidmet. "Wer hält sich für das Sprachrohr der deutschen Polizei und wird mit ein paar fast legalen Tricks noch reich dabei?", heißt es da zum Beispiel in Anspielung auf Wendts Position im Aufsichtsrat des Versicherungskonzerns AXA. Weiter geht es mit dem grandiosen "Wir sind die Versandsoldaten", das die prekäre soziale Situation vieler Paketzusteller thematisiert. "Ich klage nie, dass Arbeit Mist ist, bin doch sachgrundlos befristet. Wenn Sushi an der Haustür läutet, werden Menschen ausgebeutet", singt Böhmermann im Chor mit dem Rundfunk Tanzorchester Ehrenfeld (RTO).

Jan Böhmermann ist der vielleicht bekannteste und gefragteste deutsche Satiriker. Und natürlich ist das Publikum wegen ihm, der es im Frühjahr 2016 sogar zeitweise zum Lieblingsfeind des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan gebracht hat, in die Stadthalle geströmt. Da ist es wohltuend, dass Böhmermann den Abend nie zur Ego-Show verkommen lässt. Immer wieder überlässt er die Bühne seinem famos aufspielenden Orchester. Die Musiker des RTO präsentieren sich in bestechender Form und bringen die Halle phasenweise zum Kochen. Ihre mitreißenden Interpretationen zahlreicher Popsongs - etwa Britney Spears' "Toxic" oder Daft Punks "Harder, Better, Faster, Stronger" - lösen wahre Jubelstürme aus.

Alle Lieder, die der Satiriker während des Konzertabends mit dem RTO zum besten gibt, stammen aus dem "Neo Magazin Royale". Wirklich neu ist also nichts. Auch Florentin Will und Guilia Becker gehören zum Ensemble der Sendung. Becker darf ihre Feminismus-Hymne Verdammte Schei*e" singen, in der das weibliche Sexualorgan eine tragende Rolle spielt. Das Publikum ruft sie dazu auf, mit den Händen symbolisch eine Scheide zu formen. Beckers Ansinnen, die Ungleichbehandlung von Frauen zu thematisieren, ist ohne Zweifel ehrenwert. Textzeilen wie "Es ist egal, wie viel ich leide, Schuld ist meine Scheide" sind trotzdem, nun ja, gewöhnungsbedürftig.

Es ist einer der wenigen Schönheitsfehler an einem sonst gelungenen Abend. Böhmermann als Gangster-Rapper, Böhmermann als Polizistensohn, Böhmermann im dekadenten Pelzmantel - die Fans bekommen, was sie wollen. Nach knapp zwei Stunden ist der Spuk vorbei. Schade eigentlich.

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