Jesus’ letztes Fest

17.4.2014, 11:00 Uhr
Jesus’ letztes Fest

© Jean-Pierre Ziegler

André Hermany huscht durch die Langenzenner St. Marienkirche. Er deckt den Altar mit einem langen, weißen Tuch ab, stellt ein paar Körbe daneben und packt Brotlaibe hinein. „Die sind von der Tafel übrig geblieben — später freuen sich die Enten darüber“, sagt er. Noch ein paar goldene Tücher und Kerzenleuchter. Dann geht er erstmal ein paar Schritte zurück und prüft sein Werk.

Mit den braunen Cowboystiefeln und der verwaschenen schwarzen Jeans wirkt Hermany eher, als würde er auf ein Rockkonzert gehen, und nicht wie ein katholischer Geistlicher. Und tatsächlich bereitet er in der Langenzenner Kirche eine Feier vor: „Das Abendmahl war wie eine Party.“

Auch wenn es im Mittelpunkt steht: Am heutige Gründonnerstag feiern Christen nicht nur das heilige Abendmahl, sondern gedenken gleich mehreren Etappen der Passionsgeschichte. Etwa dem Gebet Jesu im Garten Gethsemane, wo er von Judas verraten wurde. „Er hatte Angst, weil er wusste, was kommt“, sagt der evangelische Dekan Jörg Sichelstiel. Danach folgte die Verhaftung Jesu und auch die Verleugnung durch seinen Jünger Petrus.

Für Sichelstiel beginnt der Tag mit einem Planungstreffen. Dann bereitet er sich schon auf den Karfreitag vor, denn heute muss er nicht predigen: In der Fürther St. Michaelskirche tritt, wie berichtet, die Fränkische Kantorei auf und singt die Matthäus-Passion. „Das ist die Leidensgeschichte in gesungener Form“, sagt Sichelstiel. Das Schöne am Gründonnerstag ist für ihn, dass der Tag viel „Existenzielles“ enthalte. So zeige sich Jesus in seiner Angst in dem Garten Gethsemane als Mensch.

Sichelstiels Kindheitserinnerungen an den Tag sind dagegen nicht nur angenehm: Wie viele andere musste auch er früher Spinat und Spiegeleier essen. „Damals fand ich das furchtbar, jetzt mag ich es.“ Grünes zu essen, ist eine Tradition in vielen Familien. Vielleicht kommt daher sogar der Name: Einst war es Brauch, an diesem Tag Frühlingskräuter zu kauen, um sich im Frühjahr nach dem langen Winter zu stärken. Hermany favorisiert eine andere Erklärung: „Grün“ sei eine Abwandlung des althochdeutschen Verbs „Greinen“. Damit ist das Weinen am Vortag von Jesu Kreuzigung gemeint. Eine dritte Erklärung geht auf das Mittelalter zurück: Da hießen Büßer „Grüne“ — sie waren aus der Gemeinschaft ausgeschlossen und wurden an diesem Tag wieder aufgenommen.

Gottesdienst beginnt mit Gong

Das passt zu der generellen Botschaft des Tages. Laut Hermany steht der heilige Donnerstag für die „Hereinnahme aller Menschen in die Liebe Gottes“. Sie gelte auch für Verräter wie Judas oder Petrus. „Gerade heute sollten deswegen Geschiedene und Wiederverheiratete an der Kommunion teilnehmen dürfen“, findet Hermany. Gott würde sie ja sowieso lieben.

Der katholische Dekan steht gerade auf dem Altar und hängt einen großen runden Gong auf. Er symbolisiert eine riesige Hostie. Hermany schlägt einmal dagegen und es scheppert laut. „So werde ich den Gottesdienst beginnen“, sagt er.

Der quirlige Katholik macht die Dinge gerne anders: In seinem Gottesdienst werden keine Füße gewaschen. „Das ist in unseren Breiten keine übliche Tradition.“ Dafür gibt es in der Messe eine rituelle Handwaschung. „Ich will das Abendmahl von damals ins Heute holen“, sagt er. Dass viele nichts mit dem Tag verbinden, liege auch daran, dass manche Geistlichen das vergessen. Sichelstiel gehört nicht dazu. Für ihn hat der Tag eine sehr aktuelle Botschaft: „Es geht darum, bei Menschen in der Not zu bleiben“, sagt er. So wie Jesus sich das von seinen Jüngern gewünscht hat. Für beide Dekane ist die Karwoche eine intensive Zeit. „Weihnachten ist Entspannung dagegen“, sagt Hermany. Wenn der Altar für das Abendmahl gedeckt ist, fährt er weiter nach St. Otto in Cadolzburg, wo er auch Pfarrer ist, und bereitet dort schon den Karfreitag vor. Im Kopf geht er dabei seine Checkliste durch — Blumen muss er noch abholen. Da ist eine Stärkung am Mittag wichtig. Wie sein Kollege Sichelstiel musste er jahrelang Spinat und Eier essen — seine Haushälterin zwang ihn dazu. Doch heuer hat er protestiert: „Es gibt weißen Spargel.“

Keine Kommentare