Jüdische Spuren im Landkreis werden erforscht

20.10.2017, 06:00 Uhr
Jüdische Spuren im Landkreis werden erforscht

© Foto: Heinz Wraneschitz

Wenn Robert Hollenbacher in Wilhermsdorf eine Führung über den jüdischen Friedhof des Zenngrundorts anbietet, hat der pensionierte Lehrer in der Regel viele Interessenten im Schlepptau. Sein Heimatort beherbergte einst neben Langenzenn und Zirndorf eine jüdische Gemeinde; es war die älteste im heutigen Landkreis Fürth. Hollenbacher beschäftigt sich bereits seit längerem mit deren Geschichte. Auch Aussagen von Zeitzeugen hat er gesammelt. Damit ist der Hobby-Historiker einer der wichtigen Ansprechpartner für die Leader-Managerin im Landratsamt, Anne Kratzer.

"Spuren jüdischen Lebens in Westmittelfranken", heißt das Kooperationsprojekt, das die Lokale Aktionsgruppe (LAG), der Verein Leader Region Landkreis Fürth, gemeinsam mit den Partnern Aischgrund und Hesselberg angeht. Die Federführung dabei hat die "Region an der Romantischen Straße". Orte, Zeugnisse, Akteure und Zeitzeugen sollen zunächst einmal lokalisiert werden, das so gewonnene Wissen schließlich in einem rund 120-seitigen, deutsch- und englischsprachigen Buch anschaulich gebündelt werden.

Damit, so heißt es in der Projektbeschreibung, wollen die Beteiligten "ein Bewusstsein für die Vielfalt jüdischen Lebens entwickeln" und ein Netzwerk zur jüdischen Geschichte in Westmittelfranken auf den Weg bringen. Der finanzielle Aufwand hält sich für alle Partner dank der hohen Förderquote in Grenzen: Bei knapp 27.000 Euro Gesamtkosten beträgt der Eigenanteil pro LAG rund 2750 Euro.

In einem ersten Schritt hat Anne Kratzer neben den Rathäusern in den drei betreffenden Kommunen die dortigen Heimatvereine kontaktiert, um zu erfahren, was es zum Thema bereits gibt. Wichtige Informationen dürfte auch das Büchlein "Stätten jüdischen Lebens im Landkreis Fürth" liefern. Ende der 1990er Jahre hatte der ehemalige Kreisheimatpfleger Helmut Mahr die gleichnamige Ausstellung im Landratsamt konzipiert. Mahr konnte sich dabei unter anderem auf die sogenannten Judenakten des Stadtarchivs Langenzenn stützen, die der Kreisarchivpfleger Michael Kroner zugänglich gemacht hat.

Erst eine lose Sammlung

Zunächst, sagt Anne Kratzer mit Blick auf die aktuellen Anstrengungen, gehe es darum, "eine Sammlung zusammenzustellen, keine wissenschaftliche Dokumentation". Eine fundierte Aufarbeitung wäre einer von mehreren weiteren Schritten, eventuell unter der Koordination des Jüdischen Museums in Fürth.

Vorstellbar wäre vieles: Vielleicht eine Kartierung des Wilhermsdorfer Friedhofs, Beschilderungen oder sogenannte Stolpersteine, die, eingelassen in den Gehwegen vor Häusern, an deren Bewohner erinnern, die spätestens in den späten 1930er Jahren von den Nationalsozialisten in Konzentrationslager deportiert und dort getötet wurden.

Alles noch Zukunftsmusik, genau wie Exkursionsrouten zu "Jüdischen Orten", die digitalisiert in Tourenportalen bereitgestellt werden könnten. Themenstrecken zu Synagogen oder Mikwen, den rituellen Tauchbädern, sind angedacht. Anne Kratzer kann sich gut vorstellen, das dies etwa bei Besuchern aus den USA gut ankommen würde, die sich auf die Spur ihrer Vorfahren machen wollen.

Spuren werden verknüpft

Freilich sind nicht alle Orte so augenscheinlich mit jüdischer Geschichte in Verbindung zu bringen wie der Friedhof in Wilhermsdorf. In der Zenngrundgemeinde finden sich, genau wie in Zirndorf und Langenzenn, noch jene Gebäude, die einst als Synagogen dienten. Für den Laien sind sie als solche aber nicht mehr zu erkennen.

Das Leader-Projekt könnte dabei helfen, sie der Vergessenheit zu entreißen. Die Spuren jüdischer Geschichte würden so miteinander verknüpft und erlebbar gemacht. Und dem Betrachter wäre damit vor Augen geführt, was Helmut Mahr im Vorwort seines Heftes wie folgt formulierte, dass "uns die Vernichtung der jüdischen Gemeinden ab 1933 auf vielen Gebieten ärmer gemacht hat".

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