Kampf gegen Rechts: Fürther Polizei wirbt um Verständnis

15.1.2014, 22:00 Uhr
Kampf gegen Rechts: Fürther Polizei wirbt um Verständnis

© Hans-Joachim Winckler

Peter Messing haben die Angriffe gegen die Polizei, die er am Samstag bei der Demo gegen Neonazis hören musste, nicht überrascht. Fürths Polizeichef ist lange dabei, er wollte sich nicht empören über die Aussagen — aber dass sie ihm nicht gefallen haben, das ließ er Ruth Brenner, Sprecherin des Bündnisses gegen Rechtsextremismus und Rassismus, schon wissen. Beide waren sich rasch einig: In einem Gespräch, wie es zuvor Oberbürgermeister Thomas Jung angeregt hatte, um „Missverständnisse aus dem Weg zu räumen“, will man sich in Kürze austauschen.

Messing hofft, dass es gelingt, „Verständnis für unsere Situation“ zu wecken. Auch Brenner hofft auf Verständnis: Natürlich müsse die Polizei neutral sein, doch hätten die Beamten, das jedenfalls sei der Eindruck verschiedener Vertreter des Bündnisses, ihre Arbeit nicht immer so gemacht, „wie sie sie machen sollten“.

Bei der jüngsten Demonstration sei die Zusammenarbeit „sehr angenehm“ verlaufen, lobt die Bündnis-Sprecherin. Doch in den vergangenen Wochen ärgerten sich Antifaschisten immer wieder über Polizisten. Vor allem ging es dabei um das Thema Anzeigen. Nicht immer fühlten sich die Linken fair behandelt, wenn sie einen Vorfall melden wollten; noch mehr allerdings störten sie sich am Umgang der Polizei mit Anzeigen, die von rechter Seite kommen.

Anzeigen wegen „absurder Vorwürfe“

Zum Hintergrund: Engagierte Vertreter des Bündnisses klären zurzeit, wie berichtet, in der Stadt darüber auf, wer hinter der rechtsextremen Bürgerinitiative Soziales Fürth (BiSF) steckt, die bei der Kommunalwahl antreten möchte. Antifaschisten stehen dabei oft direkt neben den Rechten, die mit Flugblättern um Unterstützung werben. Nicht immer ist das Nebeneinander konfliktfrei, die Polizei wurde von beiden Seiten mehrfach hinzugerufen.

Die Antifaschisten vermuten: Mit ihren Anzeigen wegen „absurder Vorwürfe“ verfolgen die Neonazis nur einen Zweck: an die Adressen ihrer Gegner zu kommen. Dies ermögliche ihnen die Polizei, kritisierte das Bündnis. Eine Sprecherin der Antifa behauptete am Samstag gar, die Polizei gebe die Adressen an die Nazis weiter.

Messing weist den Vorwurf weit von sich — gemeinsam mit Einsatzleiter Roland Gradl und dem Leiter des Kommissariats Staatsschutz, Norbert Ditzel. Mitnichten gebe man Daten heraus, „dazu sind wir gar nicht befugt“, sagt Gradl. Jede Anzeige werde an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet — allenfalls dort könne der Anwalt eines Geschädigten um Akteneinsicht bitten. Das bestätigt Staatsanwaltschaftssprecherin Antje Gabriels-Gorsolke auf FN-Nachfrage.

Auch spiele es keine Rolle, erklärt Messing, ob man seinem Gegenüber abnimmt, dass er soeben beleidigt wurde, oder nicht: „Wenn eine Straftat gemeldet wird, haben wir den Auftrag, das zu erfassen und dem nachzugehen — egal, von welcher Seite.“ Man müsse größtmögliche Neutralität walten lassen, ergänzt Gradl. Alles andere würde die Polizei angreifbar und unglaubwürdig machen.

„Wir schützen keine Ideologie“

Die Rolle der Polizei werde oft nicht verstanden, bedauert Messing. Etwa, wenn Beamte das Versammlungsrecht durchsetzen, auch wenn es Neonazis sind, die demonstrieren. „Wir schützen keine Ideologie“, sagt Gradl, „sondern die Versammlung.“ „Und damit die Demokratie“, ergänzt Messing.

Für die Kollegen, auf die bei den oben geschilderten Einsätzen bisweilen „von links und rechts eingeredet werde“, die in Einzelfällen auch bedrängt würden, sei die Arbeit nicht einfach. Sie werden dafür sensibilisiert, sich nicht provozieren zu lassen, sagt Messing. Wenn sich doch einer unprofessionell verhalte, „würden wir dem nachgehen“. Bisher aber sei ihm kein Fall bekannt.

Dass seit Jahren aus dem linken Spektrum der Vorwurf erhoben werde, die Polizei sei zu nachlässig bei der Ahndung rechter Delikte, „das tut weh“, sagt Norbert Ditzel. Es stimme ja, dass Fälle wie der Anschlag auf das Auto eines Antifaschisten oder auf das Haus einer Familie nicht aufgeklärt werden konnten. „Aber es wird uns dabei vorgeworfen, dass wir nicht alles versucht haben“, so Ditzel, und das sei „hanebüchen“. Er beginnt, aufzuzählen, welche Wege die Polizei beispielsweise beim Anschlag auf das Auto verfolgt habe. Der Wagen sei abgebrannt, man habe weder Spuren noch Zeugen gefunden. „Dann ist die Aufklärung schwierig“ — wie in anderen Fällen von Sachbeschädigung.

Das Gespräch wird Gelegenheit bieten, über alte und neue Vorwürfe zu sprechen. Möglichst konkret will Messing wissen, welche Vorfälle das Bündnis störten. Brenner ihrerseits hofft, mit den Beamten ausloten zu können, ob es rechtlich möglich ist, Anzeigen anonymisiert weiterzuleiten.

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