Kärwas im Wandel

8.7.2018, 14:00 Uhr
Kärwas im Wandel

© Foto: Heimatverein Oberasbach

Sie haben alle ihr bestes Gewand angezogen. Der Betz läuft vorne, hinter ihm reihen sich die jungen Männer und Frauen paarweise ein. Das Schwarzweißfoto aus dem Jahr 1949 zeigt die Oberasbacher Kärwaboum und -madla, wie sie stolz durch den Ort marschieren. Durch einen Ort in einem Land, in dem vor wenigen Jahren noch der Zweite Weltkrieg gewütet hatte. Das Grauen hinterließ eine verarmte, traumatisierte Bevölkerung, die Menschen mussten sich emotional wieder fangen.

Die Kirchweihen, ihre Kärwas, halfen ihnen genau dabei, vermutet Edith Klein. "Es gab es ein Bedürfnis, fröhlich zu sein, endlich mal wieder etwas Schönes zu erleben", sagt die zweite Vorsitzende des Heimatvereins Oberasbach. Und sie erinnert sich an ihre eigene Kindheit: "Auf die Kärwa freute man sich das ganze Jahr." Schon Tage vorher wurde das eigene Heim herausgeputzt, es wurden Küchle gebacken, alles für das große Ereignis vorbereitet. Die Gemeinschaft lebte durch die gemeinsamen Vorbereitungen weiter — in einem kriegsgeplagten Land lebensnotwendig.

Die ältesten Fotoaufnahmen, die der Heimatverein von den Kirchweihen in Oberasbach finden konnte, stammen von 1939, die neuesten sind von 2016. Die Kirchweihen in den Orten haben sich verändert, erzählt Beisitzerin Ilse Wildenrotter. "Früher waren es keine Zelt-, sondern Wirtshauskärwas. Dort fanden sich die Menschen zum Feiern ein. Und es gab Metzelsuppe statt Schlachtschüssel." Erst in den siebziger Jahren hätten sich die Zelte etabliert.

Und während heute Zeitungen, Plakate oder Soziale Medien die Ereignisse ankündigen, fuhr bis Ende der 1940er Jahre noch ein mit Eichenblättern geschmückter Pferdewagen durch die Orte, um Werbung für das Fest zu machen: "Mancherorts lief sogar noch ein Herold voraus", erinnert sich Wildenrotter. In der Regel spendete ein betuchter Bauer den Kärwabaum, der per Pferdegespann zum Einsatzort kutschiert wurde. "Den Kranz aus Fichtenzweigen flochten ursprünglich die Männer", so Wildenrotter. Vom Veranstaltungsprogramm verschwunden sind laut den Mitgliedern des Heimatvereins das Schubkarrenrennen und das Kärwabaumklettern, bei dem derjenige gewann, der am schnellsten oben ankam.

Kärwas im Wandel

© Foto: Tanja Toplak-Páll

Konzert statt Tanz

"Vor allem für die Mägde und Dienstboten war der Kirchweihtanz am Samstagabend ein Höhepunkt. Leider ist dieser Brauch hier weggefallen", erzählen Klein und Wildenrotter. Heute gibt es Livekonzerte, die vielen Älteren aber zu laut sind. Und auch beerdigt wird die Kärwa in Oberasbach nicht mehr, die sogenannte Kärwa-Sau (der Betrunkenste) wird nicht mehr in einen Trog gelegt und mit allerlei Flüssigem übergossen, wie es früher gemacht wurde, schildern Klein und Wildenrotter.

Was allerdings geblieben ist, ist die Bürokratie: In seinem Archiv hat der Verein ein Dokument von 1868 gefunden: Jeder, der zur Kärwa auswärtig gebrautes Bier ausschenken wollte, musste bei den Kontrolleuren der Orte eine "schriftliche, der Wahrheit entsprechende Deklaration des Absenders" vorlegen: Darin mussten der Name des Empfängers oder Händlers, ein Qualitätsnachweis und die Menge in Litern und Hektolitern angegeben werden. Denn in Oberasbach wurde ein Bieraufschlag fällig. Zudem musste sich jeder Verkäufer mit seinem Stand um eine Zulassung bei der Stadt bewerben und eine Gebühr zahlen.

Ebenfalls gleich geblieben ist der Aufwand, den eine Kärwa bedeutet: damals wie heute. "Die Vereine sorgen fürs Ortsleben und den guten Zusammenhalt und sind diejenigen, die die Kärwas stemmen", sagen die beiden Vereinsfrauen.

Die Ausstellung in der Hirtengasse 2 ist samstags und sonntags von 14 bis 16.30 Uhr geöffnet. Internet: http://www.heimatverein-oberasbach.de

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