Katastrophe als Animation

25.2.2014, 16:00 Uhr
Katastrophe als Animation

© Hans-Joachim Winckler

Poeten und Theaterleute haben es schwer. Da stehen sie einsam auf der Bühne, rezitieren ihre Klassiker, und lassen sich bis auf die Unterhose ausziehen, weil die anderen gerade dieses oder jenes Klamottenteil nötiger haben. So fusioniert Uwe Weiherer Schillers „Bürgschaft“ mit dem Märchen von den Sterntalern, bis der Rezitator im Leoparden-Slip dasteht.

Katastrophe als Animation

© Winckler

Indes, wer nichts mehr zu verlieren hat, der teilt aus, und zwar mächtig. Die SPD mutiert vor Koalitionsgeilheit zur „Rocky Horror Show“, der aufrechte Sozialdemokrat zum „sweet Transvestite“, wogegen sich die CSU in der sakral intonierten Bayernhymne suhlt.

Katastrophe als Animation

© Winckler

Und während die Grünen sich mittels Power-Yoga „in der Opposition erden und sich mit der Linken abfinden“, bis sich die gesamte Figur verknotet, trällert Rike Weiherer als Miss Liberty im deutsch-amerikanischen Kauderwelsch frei nach Frank Zappas „Bobby Brown“.

Das kulturelle Großereignis der Zukunft: Der sonntägliche „Tatort“ kommt endlich nach Franken, stilecht als „Dadord“. Eine erste Mordschauplatzbesichtigung mit Kommissar, Pathologin, Leiche und Putzfrau gibt uns einen Vorgeschmack, auf das, was kommen mag.

So vergeht die erste Hälfte der Dullnraamer-Sidzung zwar ganz nett, aber auch recht klamaukig und beinahe gefällig. Im zweiten Teil, wenn es um die Weltpolitik geht, wirds dann aber richtig böse. Der Bösartigkeit kommt Ute Weiherers Verschnupftheit hörbar zupass. Ihre erkältungsbedingt noch tiefer grundierte Stimme trägt zum schwarzen Humor wesentlich bei.

So untersuchen die bereits bekannten „Dadord“-Pathologen die Leiche eines Abgeordneten und diagnostizieren „abnorm bewegliche Halswirbel, deutlich tastbare Sprechblasen im Bauch, sowie Fettnapfstellung der Füße in alle Richtungen, einen extrem vergrößerten Hohlraum im Schädel, dafür aber intakte Schleimhäute. Tod durch Dolchstöße im Rücken, Vergiftung durch leere Worthülsen und mehrfach gebrochenes Rückgrat“.

Darf man ein Weizenbrötchen als Golfball benutzen? Das Kreislaufsystem aus Hunger, Bodenverödung, Saatgut-Monopol, Monokultur und Spekulation mit Lebensmitteln führen die Dullnraamer in mustergültigem Zynismus vor. Ebenso die Modenschau aus der Hand ausgebeuteter Billigkräfte. Und wenn ein deutsches Urlaubspärchen im Liegestuhl am spanischen Strand eine Flüchtlingskatastrophe als Animation für den Nachmittag beobachtet, dann kommt der Humor derart abgründig schwarz herüber, dass das Lachen ganz tief im Halse stecken bleibt.

Am Ende sind wir wieder bei den Klassikern. „Kennst du das Land, das Lobbyisten lenken?“ fragen die Weiherers frei nach Goethe. „Wo faule Banker thronen und Manager fette Gehälter klonen?“ Da kann man nur noch frei nach Alphavilles „Forever young“ mitsingen: „Für immer bläid.“

Mehr Bilder im Internet unter www.fuerther-nachrichten.de

Nächste Vorstellungen am 28. Februar und 1. März, jeweils 20 Uhr im Kulturforum Fürth.


 

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