Klarer Blick: Uvex sieht große Chancen bei Radlern

14.2.2016, 11:00 Uhr
Klarer Blick: Uvex sieht große Chancen bei Radlern

© Foto: Ilona Hörath

Ziemlich unscheinbar ist die Tonne, die mitten in den Werkshallen gleich neben einer der vielen Spritzgussmaschinen steht. Klappt man den Deckel auf, glitzert und funkelt es darin. Der unbedarfte Besucher, der eine Handvoll der schillernden Steinchen durch die Finger rieseln lässt, denkt unweigerlich an Marilyn Monroes Song „Diamonds Are a Girl’s Best Friend“. Doch Diamanten, die angeblich besten Freunde einer Frau, sind in der Tonne natürlich nicht gelagert, sondern granuliertes Polycarbonat – das Basismaterial, aus dem die Firma Uvex Gläser für Arbeitsschutzbrillen und Visiere von Schutzhelmen produziert.

Auf mehr als 300 Grad Celsius wird das Polycarbonat erhitzt, so dass es schmilzt, und dann im Reinraum in Form gebracht. Fertig sind die „Scheiben“, also die Brillengläser, aber noch lange nicht. Sind die Rohlinge abgekühlt, werden sie auf vielfältige Art und Weise beschichtet. Schließlich sollen die Schutzbrillen beim Einsatz in der Wüste extrem kratzfest sein, um heftigen Sandstürmen zu trotzen.

Sie sollen zum Beispiel nicht beschlagen, wenn Arbeiter sie auf sibirischen Öl- und Gasplattformen tragen. Die Brillenscheiben müssen bei südafrikanischen Minenarbeitern stets für klare Sicht sorgen, leicht zu reinigen sein und sollen sich zum Beispiel auch automatisch abdunkeln können, wenn ein Gabelstaplerfahrer sein Gefährt aus der Halle ins Sonnenlicht lenkt.

In speziellen Kammern werden sie also beschichtet. „Der Lack wird nur hauchdünn aufgetragen“, erläutert Harald Frank. Fragt man den Produktgruppenmanager für „Eyeware“ beim Arbeitsschutz, wie dünn genau, lächelt er und schweigt: Betriebsgeheimnis.

Details über diese Beschichtungstechnologie will auch Michael Winter nicht verraten – Konkurrenten wie 3M oder Honeywell schlafen schließlich nicht. Doch Winter, der geschäftsführende Gesellschafter, der das Unternehmen in dritter Generation führt, sagt: „Wir bauen in den Lack Ablenkungsmanöver ein, so dass bestimmte Zusätze die molekulare Struktur verändern.“ Dadurch könne die chemische Formel, die bei Uvex an einem sicheren Ort verwahrt liegt, nicht geknackt werden.

Gerade auf diese Kunst der Beschichtung ist der 50-jährige Chef besonders stolz: „In der Beschichtungstechnologie sind wir weltweit führend. Sie ist am Standort Fürth unser Kern-Knowhow.“

Auch bei den Sportbrillen kommen die Spezialbeschichtungen zum Einsatz. Für die Olympischen Spiele in Sotschi habe man etwa eine spezielle Beschichtung entwickelt, berichtet Winter, damit Feuchtigkeit an der Skibrille nicht gefriert und die Sicht vernebelt.

Aus dem einstigen kleinen Werkschuppen in Poppenreuth, den Phillip M. Winter 1926 gegründet hat und in dem er die ersten Schutzbrillen entwickelte, ist eine Firmengruppe mit drei international tätigen Gesellschaften geworden: die uvex safety group, die uvex sports group mit den Marken uvex sports und Alpina sowie Filtral. 387 Millionen Euro betrug der Umsatz im Geschäftsjahr 2014/15, von 2300 Mitarbeitern weltweit arbeiten 1700 in Deutschland und davon 891 in Fürth. Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit von 13 Jahren versteht Winter als ein „Zeichen von Beständigkeit und als klares Signal“.

Spricht Winter über den Nachwuchs, ist ihm nicht bang. Die 22 Azubis in Fürth bilde man mit dem Ziel aus, sie zu übernehmen. Auch nach Akademikern muss das Unternehmen trotz Ingenieurmangels nicht lange suchen. Man finde sehr gute Leute, sagt der Chef. „Wir sind in der komfortablen Situation, immer nur in überschaubaren Quantitäten zu suchen.“

Gutes Netzwerk an den Unis

Die Rekrutierung der Kunststoff-, Verfahrens- und Werkzeugtechniker, Chemiker oder Maschinenbauingenieure für Fürth erfolge dabei eher regional – mit den Hochschulen der Region sei man gut vernetzt. Spitzensportler wie Severin Freund, Noriaki Kasai, Felix Neureuther, Anders Fannemel oder Felix Loch tragen Skibrillen und Helme des Mittelständlers. Aber auch andere Rennrodler, Biathleten, Nordische Kombinierer, Hindernisparcours-Fahrer und seit 2009 Reitsportler wie Isabel Werth.

Zwar wurde die Marke Uvex durch die Verwendung im Sport weltbekannt. Doch rund Dreiviertel des Umsatzes macht der Konzern im Bereich Arbeitsschutz, der auch spezielle Schutzkleidung umfasst. Und der werde, so Winter, weiter wachsen. Doch auch der Radsport entwickelt sich für Uvex günstig: „Das ist ein richtiger Boom, da sehen wir große Potenziale.“ Dass immer mehr Radler einen Schutzhelm tragen, ist nach Winters Ansicht auf ein gesteigertes Sicherheitsbedürfnis zurückzuführen, aber auch auf wachsende „urbane Mobilität“ und große Nachfrage bei den E-Bikes.

Für das Geschäftsjahr 2015/16, das im Juli 2016 endet, erwartet Winter ein Plus von drei bis vier Prozent für die gesamte Uvex-Gruppe. Für den Standort Fürth hat Winter große Pläne. Bis 2018 sollen die Hauptverwaltung und die Abteilung Produktentwicklung ausgebaut werden. Ein 6000 Quadratmeter großes Grundstück gleich vis-à-vis ist bereits gekauft.

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