Klezmer-Festival: Auftakt mit Musikern der Extraklasse

10.3.2012, 11:04 Uhr
Klezmer-Festival: Auftakt mit Musikern der Extraklasse

© Hans-Joachim Winckler

. Ein starker Auftritt zweier Protagonisten der New Yorker Klezmerszene unterstrich am Freitagabend im Kulturforum die herausragende Bedeutung des zehntägigen Musikfestes. Dem trug auch Oberbürgermeister Thomas Jung Rechnung, der das Festival zum Kernbestand der kulturellen Identität der Stadt zählte und betonte: „Das wollen und können wir uns weiter leisten." Damit sind Befürchtungen über Einsparungen vom Tisch.

Zu den Festivalshöhepunkten, für die es noch Restkarten gibt, gehören die Konzerte im Stadttheater. Sowohl für den Auftritt des Jüdischen Orchesters Czernovitz am kommenden Mittwoch als auch für das Finale mit Abraham Inc. feat. David Krakauer, Fred Wesley & SoCalled sind noch kleinere Platzkontingente verfügbar. Neben den Ukrainern aus dem Fürther Zwillingstheaterbau und den prominenten Amerikanern ist das Ensemble Satiel mit orientalisch anmutenden Klängen aus balkanischen und türkisch-sephardischen Kulturkreisen noch ein Geheimtipp mit Restkarten. Vor dem Konzert am 13. März gibt es um 19 Uhr eine Einführung durch Aron Saltiel.
 

Der Hunger des Publikums erstreckt sich nicht nur auf Klänge aller Art, sondern auch auf Kulinarisches. Nichts geht mehr bei den Klezmer-Brunches am 11. und 18. März im Kulturforum. Auch die Karten für die 17-Uhr-Konzerte im kleinen Kufo-Saal an diesen Tagen sind bereits restlos vergriffen. Keine Tickets mehr gibt es auch für den Auftritt der einzigen streng koscher lebenden Band der Festivalsriege: The Heart & The Wellspring, am 14. März im Kulturforum.

Für Interessenten nahezu aussichtslos ist die Lage auch bei den Auftritten von KlezmaFour am 15. März, von nu (Kinderkonzert) und The Klezmatics am 17. März im Kulturforum. Dagegen kann man sich noch Karten für russischen Klezmer mit der Band Opa! (unbestuhlt) am 16. März und anschließend für die Klezmer-Disco mit Yuriy Gurzhy im Kulturforum sichern. Auch die zum Abtanzen animierende Formation Ramzailech, wie The Heart & The Wellspring aus Israel, am 17. März um 22 Uhr im Kulturforum hat noch Plätze frei.

Überhaupt dürfen Tanzbegeisterte heuer schwelgen. Neben den Musiker-Workshops gibt es auch zwei Tanz-Seminare. Das Gelernte kann man im Anschluss an das kleine Kneipenfestival „Lokalpodium“ in der Gustavstraße am 17. März ab 21 Uhr bei „Tanzhoyz!“, einem Ball für jiddische Tänze in der Halle von elan bei freiem Eintritt ausprobieren.  

 

Eine erfrischend spontane Lebendigkeit ist es, mit der das Fürther Festival Ausstrahlungskraft entwickelt. Gleich zu Beginn machten es der Violinvirtuose Jake Shulman-Ment und der stimmgewaltige Bassist Benjy Fox-Rosen mit ihren Quintetten deutlich. Zwar traten sie getrennt in zwei Konzerten auf, doch gab es Berührungspunkte, die nach Jamsession anmuteten. So gesellten sich die Musiker von Fox-Rosen einmal zur Formation von Shulman-Ment, ein andermal stieg der Geiger bei Fox-Rosen mit ein. Als dann auch noch überraschend der in Berlin lebende Amerikaner Daniel Kahn mit seiner gerade erst in Athen erstandenen Baglamas (eine kleine Bouzouki) hinzukam, sprühten die Funken der Inspiration.

Ein paar Tage zuvor ist Shulman-Ment zusammen mit Kahn im Wiener Ost Klub aufgetreten. Beide Musiker erfüllen Klezmermusik mit einem neuen Geist. Was Shulman-Ments Formation auszeichnet, zu der auch Fox-Rosen gehört, ist eine faszinierende klangliche Verschmelzung von Geige und Klarinette (Adrian Receanu). Zwar geriet bereits das Eröffnungskonzert im traditionellen Stil mit unbändiger Musikantik eindrucksvoll, das Beste hatte der Auftaktabend aber für den Schluss aufgespart: Die Uraufführung eines zwölfteiligen Liederzyklus „ A Hayse Trer" von Fox-Rosen auf Gedichte des jiddischen Barden Mordechai Gebirtig, der 1942 im Alter von 65 Jahren im Krakauer Ghetto von deutschen Besatzern erschossen worden ist. Ein 27-jähriger Schaffenszeitraum des kritischen, einfühlsamen und humorvollen Betrachters seiner furiosen Zeit nimmt darin ergreifend Gestalt an.

Es sind Songs die so unmittelbar ans Herz gehen, dass sie die Hörer überwältigen. Und das liegt auch an der glühend beseelten Interpretation. Dabei geht ein Feuerwerk musikalischer Einfälle über die Bühne: Etwa wenn die Musiker einen rhythmisch versetzten Echo-Chor zur Melodielinie bilden, die der Bassist vorträgt. Schräge Töne mischen sich ins zerbrechliche Klangbild, Klarinette und Klavier verschmelzen zu einem einzigen Instrument und Avi Fox-Rosen, der Bruder des Bassisten, leuchtet mit seiner Stromgitarre mystisch hinein. Die Musiker sind Meister ihres Faches und vielseitig obendrein. Da greifen der Akkordeonspieler Patrick Farrell und Klarinettist Michael Winograd schon einmal in die Tasten eines präparierten Flügels. Mit ansteckender Spielfreude zaubern sie eine einzigartige Atmosphäre.

Neben den Klezmerfestivals in Toronto und Krakau gehört das Fürther Musikfest zu den weltweit bedeutendsten Veranstaltungen dieser Art. Kein Wunder, dass Kulturamtsleiterin Claudia Floritz prominenten Musikern nicht mehr hinterherlaufen muss. Sie bewerben sich wie Jake Shulman-Ment inzwischen von sich aus, weil es dem eigenen Renommee dient, einmal in Fürth dabei gewesen zu sein, wo alle Größen der Musikgattung bereits aufgetreten sind. Kein Wunder auch, dass die meisten der hochkarätig besetzten Konzerte bereits ausverkauft sind.

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