Knackpunkt Hygiene

27.4.2016, 13:00 Uhr
Knackpunkt Hygiene

© Foto: Peter Endig/dpa

Seit sechs Jahren gab es für die Oberasbacher Genossen Anfang April eine wichtige Frage: Sprießt der Bärlauch oder nicht? Wenn sich das grüne Kraut zeigte, stand dem gleichnamigen Fest auf der Wiese vor dem Unterasbacher Siedlerheim nichts mehr im Wege. Heuer gab es Bärlauch en masse, doch die Oberasbacher mussten dennoch auf die mit dem Wildgemüse veredelten Bratwürste, Butter und Suppe verzichten. Denn: Die SPD sah sich nicht in der Lage, die im Leitfaden „Hygienesicherung bei der Herstellung und Ausgabe von Speisen bei öffentlichen Veranstaltungen“ aus dem Jahr 2008 aufgeführten Vorschriften umzusetzen und so die Festivität ordnungsgemäß über die Bühne gehen zu lassen.

Dabei hätten sie durchaus einiges geschultert, sagt der Ortsvereinsvorsitzende Marco Maurer: Die Lebensmittelkennzeichnung oder die Kühlung leicht verderblicher Waren wie Torten oder Bratwürste; die Scheibe als Spuckschutz; Kleidung wie Schürzen, Handschuhe oder Mützen. Warme Speisen, die permanent auf 65 Grad schmurgeln müssen. „Das wäre gegangen“, sagt Maurer, glaubt mit Blick auf die Vorschriften-Sammlung aber: „Voll umsetzen kann das keiner.“

Wo die Knackpunkte liegen, macht er mit einer Aufzählung klar: Verkaufsstände müssen demnach einen festen Boden und ein Dach haben und von drei Seiten verschlossen sein. Vorgaben, denen die bisher verwendeten Pavillons und das Zelt nicht standhielten. „Definitiv nicht erfüllbar“, glaubt Maurer, sei auch die Vorschrift, dass jeder Stand ein Waschbecken mit fließend warmem und kaltem Wasser haben müsse. Nicht einmal der Kompromiss, ein Becken für die drei Verkaufsstätten bereitzustellen, war auf der Wiese vor dem Siedlerheim zu erfüllen.

Das endgültige K.o.-Kriterium, und das für beinahe jede Veranstaltung dieser Art, könnte allerdings ein anderer Passus sein. Wird ein Festbesucher nach dem Verzehr der angebotenen Speisen krank, haftet der Veranstalter. Diese Verantwortung wollte Maurer dem Ortsverein nicht aufbürden. Dem Veterinäramt, das über die Einhaltung der Vorschriften wacht, macht Maurer keine Vorwürfe: „Doch wenn man keinen Mittelweg findet, bin ich gespannt, wie viele Feste heuer überhaupt stattfinden.“

Tipps gegeben

Weit weniger dramatisch bewertet Anja Schönekeß vom Oberasbacher Kulturamt, das die städtischen Veranstaltungen betreut, die Situation. Bereits nach dem Weihnachtsmarkt im vergangenen Jahr, bei dem ein Kontrolleur jede Bude der Vereine und Gruppierungen unter die Lupe genommen hatte, seien Klagen ausgeblieben. Schönekeß führt das auch auf das Auftreten des Mitarbeiters des Veterinäramtes zurück, der sehr hilfsbereit gewesen sei und Tipps gegeben habe.

Vor wenigen Wochen lud die Stadt den Experten zu einem Vortrag zum Thema für die Vereine ein. Das Fazit von Anja Schönekeß: „Es gibt keine Sachen, die unlösbar wären.“ Beispielsweise habe der städtische Bauhof die Bude des Jugendhauses umgebaut und Alubleche auf den Ausgabeflächen angebracht. Diese sind leicht abzuwaschen und verbessern nun die hygienischen Bedingungen. Beim Weihnachtsmarkt heuer werde die Kommune beim Thema „Handwaschbecken“ eventuell eine „zentrale Insellösung“ anbieten.

In Stein gab es Ähnliches bereits im vergangenen Jahr. Bei der Veranstaltung auf dem Mecklenburger Platz stellte die Kommune den Vereinen das Spülmobil zur Verfügung. Im Dezember 2015 hatte der Auftritt eines Mitarbeiters des Veterinäramtes auf dem Weihnachtsmarkt noch für vehemente Verstimmungen gesorgt, so dass sich sogar der Bürgermeister einschaltete. „Es gab Ärger“, bestätigt Kurt Krömer. Jedoch habe sich alles wieder revidiert, nachdem das Thema Anfang vergangenen Jahres auf der Tagesordnung einer Bürgermeister-Dienstbesprechung gestanden und es ein persönliches Gespräch mit dem Kontrolleur gegeben habe. Er schaue sich, sagt Krömer, auch immer wieder bei Veranstaltungen außerhalb des Landkreises um, und was er teilweise dabei sehe, habe in ihm die Erkenntnis reifen lassen: „Es darf nicht mit zweierlei Maß gemessen werden.“

Nicht mehr Kontrollen

Im Landkreis sei das nicht der Fall, heißt es aus dem Landratsamt. Drei Lebensmittelkontrolleure sind unterwegs. 2015 haben sie sieben größere Veranstaltungen, etwa Kirchweihen oder Weihnachtsmärkten, besucht. Auf diesem Niveau bewegte sich die Anzahl der Kontrollen auch in den vergangenen Jahren. Für eine Ausdehnung habe es „keinen Anlass“ gegeben, sagt Christine Lenzner.

Und auch wenn die Bestimmungen natürlich für alle gleich seien, empfiehlt die Landratsamtssprecherin speziell den Vereinen, das Gespräch mit dem Veterinäramt zu suchen, entweder vorab oder bei der Festivität. „Wir gehen pragmatisch vor und schauen auch vor Ort, was machbar ist“, versichert Lenzner. Bisher sei jedenfalls noch nie eine Veranstaltung geschlossen worden, weil es Beanstandungen gegeben habe.

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