Knapp 1000 gefallene Roßtaler erhalten einen Gedenkweg

8.11.2018, 14:14 Uhr
Knapp 1000 gefallene Roßtaler erhalten einen Gedenkweg

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Und sie bindet in dieses Erinnern auch die Namen der Roßtaler ein, deren Leben der Zweite Weltkrieg forderte. Genauso wie die Namen derer, die den Dreißigjährigen Krieg, der vor 400 Jahren ausgebrochen ist, nicht überlebten. 630 der nicht einmal 1000 Menschen zählenden Bevölkerung kostete das brutale Metzeln das Leben, vor allem anno 1632, als Wallenstein vom 17. Juli bis zum 23. September sein Lager bei Zirndorf aufgeschlagen hatte und sich seine Soldaten aus dem Hinterland versorgten.

Marodierend zogen sie durch die Orte und löschten ganze Familien aus. Die Namen ihrer Opfer hat ein Chronist damals festgehalten. Die extra erstellte Liste wurden zwischen den sorgfältig geführten Kirchenbüchern, in denen die Pfarrer Geburten, Eheschließungen und Sterbefälle seit 1550 notierten, gefunden.

In den Kirchenbüchern selbst tauchen sie nicht auf. Das Jahr 1632 fällt in eine Zeit, aus der diese Personenstandsregister von einst nicht erhalten sind. Einzelne Bände gingen verloren, entweder bei der Flucht des damaligen ersten Pfarrers nach Nürnberg, oder weil trockenes Papier gefragt war, um Patronenhülsen zu rollen. Genau kann das heute keiner mehr sagen, berichtet Künne. Der damalige zweite Pfarrer überlebte den Dreißigjährigen Krieg auch nicht. Er wurde mit seiner kompletten Familie von kroatischen Reitern zu Tode getrampelt.

Laminierte Blätter auf Metall

Beim Gedenkweg werden die Namen der Opfer der Kriege — die des Dreißigjährigen erstmals — zugänglich gemacht, in Form von laminierten Blättern mit Namenslisten, die auf lange, dünne Metallstangen geclipst, Erinnerungsstationen rund um die Laurentiuskirche markieren. Und das liest sich dann zum Beispiel so: "Hans Schadmann und seine Mutter, im August 1632, nebst sein Söhn Geörglein, Pangraz und Hensa, Barbara ihr Döchterlein und deren jüngs Söhnlein Thoma." Für Künne gleicht so eine Auflistung der Namen einer ganzen Familie "einem Trichter in diese Zeit: Das geht unter die Haut. Jeder dieser Namen ist es wert, dass er benannt wird, dass man sich seiner erinnert".

So weit es die Toten der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts betrifft, sind ihre Namen auf dem schlichten Gefallenendenkmal im einstigen Gemüsegarten des Pfarrhauses bereits zu finden. Das hat die Kirchengemeinde in den 1950er Jahren zum Gedenkort für die 319 Gefallenen beider Weltkriege gemacht und damit das ältere im Bombast-Stil der 20er Jahre errichtete Kriegerdenkmal für die von 1914 bis 1918 Gefallenen in den Hintergrund gerückt.

Das bescheidener gestaltete Denkmal ist wie vielerorts am Volkstrauertag auch in Roßtal Ort des Erinnerns, des Opfergedenkens und der Mahnung zum Frieden. Und dieses Gedenken hat sich nach Ansicht Künnes in Roßtal nicht überholt: "Hier hat persönliche Betroffenheit Platz."

Ab Freitag weitet sich das Gedenken aus über den ganzen Friedhof — auch mit Namen von Männern Anfang 20 und jünger, die in Frankreich, Russland oder Libyen starben, notiert auf Listen, die sich im Wind wiegen. "Die Anklänge an Grashalme, die auf den Schnitter warten, sind dabei beabsichtigt, denn wer die Namen der Toten liest, erschrickt über die Anzahl und das Alter der vielen Gefallenen. "So bekommen vergangene Geschichte und trockene Zahlen ein Gesicht", meint Künne. Ans Ende des Dreißigjährigen Krieges erinnert in Roßtal übrigens jeden Tag um 11 Uhr das Friedensläuten. In dessen Anschluss wird der Gedenkweg am Freitag, 9. November, eröffnet.

ZDer Gedenkweg ist bis 21. November zu sehen. Zusätzlich findet am Sonntag, 18. November, 19 Uhr, im Gemeindesaal eine Lesung unter dem Titel "1918! Ende — Umsturz — Neubeginn" mit Gabriele Mages und Wilgard Hübschmann (Gitarre) statt.

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