Kohlenmonoxid: Wann Shisha-Rauchen gefährlich wird

31.8.2017, 06:00 Uhr
Kohlenmonoxid: Wann Shisha-Rauchen gefährlich wird

© Soeren Stache/dpa

Nicht nur Fürth hat das Problem auf dem Radar. Hier wurden bereits im Mai acht Shisha-Bars überprüft und zwei von ihnen wegen erhöhter Kohlenmonoxid-Werte geräumt. Publik gemacht hatte die Stadt die Kontroll-Aktion erst am Dienstag.

In den vergangenen Monaten haben sich auch die Behörden in vielen anderen Städten Shisha-Bars genauer angesehen – nachdem immer neue Fälle bekannt wurden, bei denen junge Menschen nach dem Qualmen umkippten oder über Müdigkeit und Kopfschmerzen klagten. Die Ursache riecht man nicht, schmeckt man nicht, fühlt man nicht: Beim Verbrennen der Kohle in den Wasserpfeifen entsteht Kohlenmonoxid (CO) – ein unauffälliges Gas, das in hoher Konzentration zu Vergiftungserscheinungen führen kann.

Kohlenmonoxid kennt man in den Notaufnahmen eigentlich aus anderen Zusammenhängen: Die Patienten wurden in der Vergangenheit meist nach Bränden eingeliefert oder wenn sie beispielsweise mit glühender Holzkohle in Gartenlauben oder anderen Räumen gegrillt hatten, wo sich immer mehr Rauchgase in die Luft mischten. Im schlimmsten Fall können solche Vergiftungen tödlich enden, wenn sie nicht rechtzeitig bemerkt werden und der CO-Anteil im Blut sehr hoch wird. Im Januar starben sechs Teenager in einer Gartenlaube im unterfränkischen Arnstein, dort war das Gas von einem Stromaggregat ausgetreten.

Seit den 70er Jahren sind CO-Vergiftungen deutlich zurückgegangen, sagt Prof. Dr. Harald Dormann, Leiter der Zentralen Notaufnahme am Fürther Klinikum. Doch in den vergangenen Jahren gab es wieder einen Anstieg: auch weil Shisha-Rauchen im Trend liegt.

Alle paar Wochen ein neuer Fall

Im Fürther Klinikum mussten Dormann zufolge in den vergangenen Jahren "eine ganze Reihe von Menschen" behandelt werden, die beim Qualmen im schlecht belüfteten Zimmer zuhause oder in Shisha-Bars zu viel Kohlenmonoxid eingeatmet haben. Im Schnitt kümmert sich sein Team alle paar Wochen um einen Fall. Deshalb ist es ihm ein Anliegen, dass die Gefahren bekannter werden. Sie seien selbst vielen Mitarbeitern von Shisha-Bars nicht bewusst, obwohl diese oft besonders gefährdet sind. Einmal landete ein Mitarbeiter in der Notaufnahme, der "Dutzende Shishas anrauchen musste", erzählt Dormann. Im Februar musste ebenfalls eine Angestellte eines Shisha-Lokals behandelt werden - Anlass für die Fürther Kontrollaktion im Mai.

Wenn Patienten mit den typischen Symptomen in die Notaufnahme kommen, sei die Frage, ob sie Wasserpfeife geraucht haben, mittlerweile Standard, so Dormann. In neuen Häusern, die extrem gut isoliert sind, kann der Rauch genauso zum Problem werden wie in Shisha-Bars mit ungenügenden Lüftungssystemen. Selbst Menschen, die in den Kneipen nur anwesend waren, mussten schon behandelt werden.

Müdigkeit nicht auf den Alkohol schieben

Die häufigsten Alarmzeichen sind Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit. Wer diese bei sich bemerkt, sollte das nicht auf den Alkohol schieben, sagt Dormann, sondern sofort an die frische Luft gehen und durchatmen. Wird es nicht besser, müsse man unbedingt ins Klinikum gebracht werden oder den Rettungsdienst rufen. Das Kohlenmonoxid heftet sich viel fester als Sauerstoff an die roten Blutkörperchen; der Körper wird unterversorgt. Im Klinikum werden die Patienten mit Überdruck mit reinem Sauerstoff beatmet, um das Gift möglichst schnell zu verdrängen.

Manche Menschen zeigen schon bei niedrigen CO-Werten Symptome; zu den genannten können Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Seh- und Herzrhythmusstörungen kommen, Alkohol kann weniger gut vertragen werden. Manche Patienten, die in die Notaufnahme gebracht werden, sind noch bei Bewusstsein, andere nicht mehr. Die Vergiftung wird bei einer Blutgasanalyse festgestellt: Der CO-Anteil bei gesunden Menschen liegt unter einem oder zwei Prozent, bei starken Rauchern bei fünf, sechs Prozent. Beträgt er mehr als zehn Prozent spricht man von einer Vergiftung; bei über 40 Prozent kann sie tödlich enden. So einen drastischen Wert übers Shisha-Rauchen zu erreichen, ist unwahrscheinlich. Aber Fälle mit 25, 30 Prozent hatte Dormann schon vor sich.

Spätfolgen noch nicht gut erforscht

Die Spätfolgen von hohen CO-Belastungen sind Dormann zufolge noch nicht gut erforscht. Es gilt hier: Je schwerer die Symptome sind, desto schwerer können die Spätfolgen sein.

"Lüften, lüften, lüften", rät er allen, die Shisha zuhause rauchen. Und Shisha-Bars brauchen gute Lüftungsanlagen. Diese hat auch die Stadt Fürth von den beiden Lokalen gefordert, die sie geräumt hatte. Dort wurden in den Gaststätten-Räumen C0-Konzentrationen von 54 und über 80 ppm (parts per million) gemessen - erlaubt sind 30 ppm. Eine der Kneipen hat schnell nachgerüstet und darf wieder Shishas ausgeben, sagt Tobias Dienstbier, die andere ist gerade dabei. Auch CO-Warnmelder mussten die beiden Wirte einbauen. Die Stadt denkt darüber nach, das bei neuen Shisha-Bars zur Pflicht zu machen.

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