Körperkunst, die nicht jeder sehen darf

16.11.2018, 21:00 Uhr
Körperkunst, die nicht jeder sehen darf

© Foto: Hochholzner

Oli Weidner sitzt in seinem Studio, plaudert gut gelaunt mit einem Kunden. Der sieht gerade eher weniger glücklich aus: Sein Gesicht ist vor Schmerz verzogen. Unterlegt ist die Szenerie mit einem kontinuierlichen Surren. Es kommt von der Tattoo-Nadel, die Weidner in der Hand hält und mit der er lila Tinte in den Unterarm des Mannes befördert. Deswegen guckt der auch so.

Weidners Kunde lässt sich im "S.T.F. Tattoo Café" eine Frau mit einer Rose stechen. Die Masse bevorzugt bei ihm aber andere Motive. "Man merkt auf jeden Fall, dass die Wünsche immer individueller werden", erzählt er. Doch auch aktuell gibt es gewisse Trends in der Körperkunst: Während das "Arschgeweih" und die "Tribals" eher den 90ern angehören, mag die Fürther Kundschaft zum Beispiel geometrische Linien, "Geometric" genannt. Auch realistische Motive, Aquarelle oder Muster der neuseeländischen Maori sind derzeit beliebt. "Wir stechen hier auch viele Minis", berichtet Weidner. Das sind sehr kleine Tattoos, die oft nur ein einziges Symbol zeigen.

Sternzeichen im Brustbereich

Von dem Tattoo-Verbot bei Polizisten hat er gehört: Einem fränkischen Oberkommissar wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof untersagt, sich die hawaiianische Grußformel "Aloha" — als Erinnerung an die Flitterwochen — auf dem Unterarm zu verewigen. Als Weidner von der Entscheidung hörte, musste er gleich an eine Kundin denken, die er kürzlich vor sich hatte. "Die wollte Kriminologie studieren und danach zur Polizei gehen." Er stach ihr ein Sternzeichen im Brustbereich. "Die Frau wünschte, dass wir eine Stelle wählen, die sie unter der Uniform verstecken kann."

"Ich hab’ bereits einige Polizisten tätowiert, das war aber vor dem gerichtlichen Urteil", berichtet Markus Leipold vom "Magic Dragon Tattoo". "Da haben wir auch immer auf die T-Shirt-Grenze geachtet, aber ich hatte damals nicht den Eindruck, als würden die Kunden so streng darauf achten." Natürlich kämen die Stellen für Tattoos immer auf den Job an, das sei ganz klar. "Ein Banker lässt sich jetzt nicht die Hände tätowieren."

Die Hände sind auch ein Bereich des Körpers, bei dem Pornchai Kittiworakun in seinem Studio "Chai Thai Tattoo" lieber erst einmal die Bremse zieht. Ihm sei es wichtig, Kunden gut zu beraten. "Wenn mir einer sagt, er möchte sich die Hand tätowieren lassen, wäge ich ab, ob sich da ein junger Mensch möglicherweise die berufliche Zukunft verbaut." Zwar würde die Akzeptanz gegenüber Tattoos wachsen, bemerkt auch Kittiworakun. Aber selbstverständlich ist sie noch lange nicht, deswegen kann er nachvollziehen, dass für manche Berufe bestimmte Regeln gelten.

In seinem Laden wird er vor allem um asiatische und realistische Motive gebeten oder um lineare Muster wie Mandalas. Außerdem gilt die Devise: Je farbiger oder realistischer die Körperkunst wird, desto besser.

Hände spielen auch eine große Rolle bei Weidner im "S.T.F. Tattoo Café". Sie zählen dort zu den beliebtesten Stellen für Tattoos. "Vor allem Namen werden da gerne gemacht." Er hatte übrigens auch schon einen Kunden, bei dem die Sache mit den sichtbaren Tattoos im Job genau anders herum ablief: "Er ließ sich das Logo seiner eigenen Baufirma stechen. Blockschrift, ein Haus und die Sonne dahinter, direkt auf den Unterarm. Das war bisher das verrückteste Motiv, das ich gestochen habe."

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