Krabbelgruppe im Büro

28.4.2015, 21:00 Uhr
Krabbelgruppe im Büro

© Foto: Armin Leberzammer

„Wer Fachkräfte gewinnen will, muss über eine familienfreundliche Personalpolitik nachdenken.“ Als Gastgeber des Unternehmertags im Landratsamt Zirndorf machte Hausherr Matthias Dießl deutlich, vor welchen Herausforderungen Handel und Handwerk angesichts des demografischen Wandels stehen. Ein Umdenken habe zwar begonnen, doch müsse noch mehr getan werden. Darin war sich der Landrat mit allen Referenten einig.

Spannend sei zu beobachten, „wie sich der Homo sapiens in den vergangenen 50 Jahren entwickelt hat“, findet Michael Leibrecht. Der Geschäftsführer der Fürther Werbeagentur machen.de berichtete gemeinsam mit seiner Frau Iris aus dem (Arbeits-)Alltag selbstständiger Unternehmer mit zwei kleinen Kindern. So bestehe heute eine größere Akzeptanz, wenn sich auch einmal die Väter um den Nachwuchs kümmern oder bei der Geburt dabei sein möchten.

Man müsse manchmal den Mitarbeiter mit seinen familiären Pflichten vor die Kundenwünsche stellen, stellt Iris Leibrecht klar. Zusammen mit ihren Eltern führt die zweifache Mutter das Zirndorfer Sportstudio Beyers Aktiv-Park. Die große Mehrheit ihrer Kunden bringe Verständnis auf, wenn während der Beratung das Telefon klingelt und die Aufmerksamkeit – wenigstens vorübergehend – den Kindern gewidmet wird.

„Bei Neukunden komme ich aber schon mal ins Schwitzen. Dann habe ich Druck“, räumt sie ein. Alles in allem hätten die Leibrechts ihre mittlerweile schulpflichtigen Kinder aber in vergleichsweise „luxuriösen“ Umständen aufgezogen: „Wir konnten sie mit in den Betrieb nehmen und hatten mit Oma und Opa die wichtigsten Betreuer“, so Michael Leibrecht.

Großbetriebe als Vorreiter

Wunsch und Realität klaffen häufig noch weit auseinander, weiß auch Christian Bühler. Große Firmen und Konzerne können und sollten eine Vorreiterrolle spielen, meint er – etwa durch die Einrichtung von Betriebskindergärten. „Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen ist die gesamte Gesellschaft gefragt“, so der Chef des Fürther IHK-Gremiums.

Als „wahren Familienbetrieb“ bezeichnet Rosemarie Kolb die von ihr und ihrem Mann in Oberasbach betriebene Zimmerei. Als gelernte Kinderkrankenschwester hat die mittlerweile auf Bürokauffrau umgestiegene dreifache Mutter stets versucht, ihren Nachwuchs in den Alltag zu integrieren. Die Kinder seien zwar inzwischen volljährig, doch für Besuche des Ferienprogramms oder von Kindergärten stehe die Werkstatt weiter offen.

Kunden, Kinder, der eigene Ehemann als Arbeitgeber – „für manche ist das nicht gerade erstrebenswert, für mich ist es ein Modell zum Nachahmen“, sagt Kolb. Von den 22 000 Handwerksbetrieben, die in Mittelfranken registriert sind, arbeite bestimmt ein Viertel so, schätzt sie. „Das sind 5000 Arbeitsplätze, bei denen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf entscheidend ist.“ Das sei nur unter einen Hut zu bringen, wenn sich die Frau nicht überfrachten lasse. „Beim Mittagessen war das Telefon immer tabu“, nennt sie eine der Regeln, die sie sich selbst auferlegt hat. Gleichzeitig müssten Eltern aber zu persönlichen Abstrichen bereit sein. Das Leben ändere sich nun mal grundlegend, wenn Kinder geboren werden – „und alles können der Staat und der Arbeitgeber nicht regeln.“

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