Kritischer Blick ins diktatorische System

19.9.2016, 18:20 Uhr
Kritischer Blick ins diktatorische System

© Foto: Romir

Dejun Liu ist ein freundlich wirkender junger Mann, der oft lacht. Dabei ist die Geschichte des chinesischen Schriftstellers alles andere als lustig: In seiner Heimat wurde er verfolgt, eingesperrt und gefoltert, weil er sich für Menschenrechte – wie die bessere Behandlung von Wanderarbeitern – einsetzte und in seinem Blog einen „Arabischen Frühling für China“ forderte.

2013 nutzte er einen Englisch-Kurs in Irland, um in Europa zu bleiben und lebt nun als Stipendiat des PEN-Clubs in Nürnberg. Die Geschichte seiner Flucht und seines Exils erzählte er bei der Auftaktveranstaltung der „Kogge-Literaturtage“ in Stein. Dabei handelt es sich um eine internationale Zusammenkunft von Schriftstellern, zu dem die Europäische Autorenvereinigung „Kogge“ erstmals in die Bleifstiftstadt einlud.

„Das Treffen gibt es schon seit Jahrzehnten, es fand aber bisher immer am Gründungsort des Vereins, im westälischen Minden statt“, erzählt Kogge-Präsident Uli Rothfuß. Als Leiter der Akademie Faber-Castell brachte er das Treffen seiner Kollegen nun auch nach Franken, wo die etwa 25 Teilnehmer vom Steiner Bürgermeister Kurt Krömer aufs Herzlichste begrüßt wurden.

Vier Tage lang geht es hier unter dem Dürer-Motto „Der Nutzen ist ein Teil der Schönheit“ um das Schreiben unter schwierigen Umständen – sei es in diktatorischen Systemen oder unter den ganz anderen Zwängen des kommerziellen Marktes.

Flucht aus der Heimat

Von denen spürt Dejun Lui noch wenig – sein Blick ist auch nach drei Jahren in Deutschland noch immer ganz nach China gerichtet: „Ich studiere Politikwissenschaft und Jura“, erzählt er, „damit ich zurückgehen und beim Aufbau eines demokratischeren und besseren China mithelfen kann.“ In acht bis zehn Jahren, so hofft er, wird die politische Situation in seiner Heimat dafür soweit sein. Ganz anders sieht das Desiré Guemedji aus Togo. Vor über 20 Jahren floh er aus dem Land, das seit über 40 Jahren von der autokratischen Präsidentenfamilie Gnassingbé regiert wird und auf dem „Human Devolpement Index“ für humane Entwicklung auf Platz 162 von 187 steht. (Zum Vergleich: Deutschland hat Platz 6, China Platz 91).

„Meine Heimat ist Deutschland, meine Kinder wachsen hier als Deutsche auf“, erzählt Guemedji. „Ich musste mich entscheiden, um nicht mit zwei Seelen leben zu müssen, von denen dann eine immer traurig ist.“ In Togo war er seitdem nur einmal – heimlich.

Deutsche Themen

Und auch seine literarischen Werke kreisen um deutsche Themen, auch wenn er bis vor kurzem noch auf französisch schrieb: „Aber ich will dem Land, das mir viel gegeben hat, etwas zurückgeben, denn Geben ist die Aufgabe des Künstlers“, findet Guemedji.

Auch Dejun Lui schreibt inzwischen auf Deutsch, etwa auf seinem Blog freeinchina.org, auf dem auch ein Dokumentarfilm über ihn zu sehen ist – gedreht von niemand geringerem als dem weltberühmten Künstler Ai Weiwei.

Weitere Informationen im Internet unter www.diekogge.com

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