Kunst am Radweg

4.10.2014, 06:00 Uhr
Kunst am Radweg

© Foto: Sabine Rempe

Wenn sich das Tor zur Werkstatt-Scheune öffnet, fällt der Blick auf eine Skulpturengruppe, die sich zusammendrängt, wie Wartende an einem Zuggleis. Lange sollen die Arbeiten nicht mehr in Rudolf Henningers Atelier in Großhabersdorf ausharren müssen. Die Fundamente für ihren neuen Standpunkt an der Trasse des Biberttal-Radweges sind vorbereitet, in wenigen Tagen steht der Umzug an. Für den Künstler, der in Zirndorf lebt und in Großhabersdorf am Fuß der Walburgskirche seine Werkstatt hat, ist es „wichtig, im erweiterten Ortsumfeld einen Einblick in sein Schaffen zu geben“.

Auf die Gemeinde kommen keine Kosten zu, bei den Objekten handelt es sich um Leihgaben. Rudolf Henninger hat dafür mehrere Stelen ausgewählt, die für einen wesentlichen Aspekt seines Schaffens stehen. Schlank und elegant richten sich die mannsgroßen Stahlplastiken auf. Nichts Menschenähnliches haftet ihnen auf den ersten Blick an – und doch wird der Betrachter sofort an Figuren erinnert, die in einem ebenso intensiven wie unendlichen Dialog vertieft sind. Sie ruhen in sich selbst, entspannt und unabhängig. Unaufdringlich treten sie in eine Beziehung mit ihrer Umgebung, weisen aus einer Welt voll hektischer Verpflichtungen auf andere Wege hin.

Die Stelen sind dreidimensional, aus Stahlblech zugeschnitten und geschweißt. Rudolf Henninger übernimmt jeden Schritt des Entstehungsprozesses selbst, vom Entwurf bis zur Fertigung. „Ich arbeite gerne direkt mit dem Material. Manchmal habe ich noch im Entstehungsprozess neue Ideen, die ich einfließen lasse.“ Auch deshalb kommt es für ihn nicht in Frage, seine Konzepte extern anfertigen zu lassen. „Ich bin ein Typ, der gerne in der Werkstatt hinlangt und habe Erfahrungen mit Werkzeugen.“

Henninger ist Architekt, nach 25 Jahren in diesem Beruf entschied er sich aber für eine Neuorientierung. Seit dem Jahr 2000 steht für ihn die Arbeit als Bildhauer im Mittelpunkt. Manchmal, sagt er, kommen beide Seite seiner Profession zu ihrem Recht. Da sind zum Beispiel die auffallend perfekt und sauber geschweißten Kanten an seinen Skulpturen. „Ich liebe runde, weibliche Formen“, erklärt der Künstler, „aber ich schätze hier eben auch die klare Form. Eine Seite, die von meinem Architektenberuf herrührt.“

Großarbeiten im Park

Tatsächlich lebt Rudolf Henninger auch im Alltag in zwei Welten. Seit vielen Jahren schon zieht es ihn regelmäßig nach Kanada. In der Provinz Nova Scotia an der Atlantikküste hat er ein weiteres Atelier. „Meine Frau ist in Kanada aufgewachsen und ich habe dort mein Herz verloren.“

Eine Beziehung, die auf Gegenseitigkeit beruht. Längst sind mehrere Großarbeiten von ihm auf kanadischen Boden aufgestellt worden. Seit dem vergangenen Jahr sind das unter anderem zwei markante Skulpturen in einem Park, der nach dem Abbruch eines Stahlwerkes im Ort Sydney in Nova Scotia entstand. Dabei handelte es sich um einen Regierungsauftrag, bei dem Henninger einen engen Bezug zur jungen Geschichte des Landes herstellte.

„Zum einen habe ich ein stilisiertes Ahornblatt zugrunde gelegt“, erklärt er. Das Material – 160 Jahre alte Schindeln aus Kupferblech – stammt vom Dach des Regierungsgebäudes in Ottawa. „Das musste renoviert werden, so bin ich daran gekommen.“

Eine weitere Henninger-Plastik im gleichen Park geht neun Meter in die Höhe und ist nicht zuletzt dank der Platzierung auf einem Hügel im weiten Umkreis zu sehen. „New Explorations“, neue Erkundungen, hat der Künstler seine Arbeit genannt. Eine Erinnerung und Verneigung vor den Menschen, die als Siedler nach Kanada kamen.

Wer Plastiken von Rudolf Henninger kennen lernen möchte, muss aber nicht so weit reisen, sondern kann in Franken bleiben. Am Fürther Südstadtpark steht beispielsweise seine prägnante Stahlskulptur „Der Visionär“, während im Zirndorfer PinderPark Arbeiten aus seiner „Dialog“- Reihe aufgestellt sind.

Der Künstler pflegt auch nach dem Abschied aus dem Atelier eine Beziehung zu seinen Objekten. „Ich kann mich daran freuen.“ Schließlich habe er nicht zuletzt eine Menge Schweiß darüber vergossen.

Jetzt freut sich Rudolf Henninger darauf, einige seiner Werke in Großhabersdorf zu präsentieren. Angedacht ist, so sagt er, ein lebendiger Austausch. „Nicht jede Arbeit muss dort endlos stehen, möglich ist, dass auch etwas verkauft wird und mal etwas anderes von mir an dieser Stelle gezeigt wird.“

www.rudolf-henninger.com

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