Ladensterben: Ältere Menschen haben es immer schwerer

31.5.2016, 06:00 Uhr
Ladensterben: Ältere Menschen haben es immer schwerer

© Archivfoto: Pfrogner

Wenn Läden verschwunden sind und der Weg zu vollen Regalen für die Bürger länger geworden ist, hat man zwei Möglichkeiten, sagt Wilhermsdorfs Bürgermeister Uwe Emmert. Man kann versuchen, Läden zu den Menschen zu bringen. Das ist der traditionelle Weg: Wo eine Lücke entstanden ist, hofft man auf einen Nachfolger.

Doch Emmert vermutet: Vielen der unversorgten Kommunen in Bayern – 510 haben, wie berichtet, kein Lebensmittelgeschäft, 158 davon nicht einmal mehr Bäcker oder Metzger – wird es wohl nicht gelingen, Geschäfte anzulocken. Umso wichtiger sei daher der andere Weg: "Man muss Konzepte entwickeln, wie man die Leute zu den Geschäften bringt."

Ketten suchen Kaufkraft

In Wilhermsdorf versucht man gerade beides. Hartnäckig bemüht man sich, einen Vollsortimenter im Ort anzusiedeln. Eine Fläche ist zum Glück vorhanden, sagt Emmert. Und doch sei es ein "unglaublicher Kampf", einen Markt herzubekommen. Ketten wie Edeka oder Rewe bewerten Standorte nach strikten Kriterien. Stimmt die Kaufkraft im Umkreis nicht, hat der Ort das Nachsehen.

Gleichzeitig ist in Wilhermsdorf eine Art Anruf-Bürgerbus – Arbeitstitel: "Bürger fahren Bürger" – in Planung, der die Mobilität und Lebensqualität von älteren Menschen, Müttern mit Kindern, Jugendlichen und Menschen mit Behinderungen verbessern soll. Dabei geht es Wilhermsdorf in Sachen Nahversorgung noch recht gut, betont Emmert. In den Dörfern aber habe sich die Situation verschlechtert. Früher machten dort fahrende Läden Halt – das ist Geschichte. Die Verbraucher tragen freilich zu der Entwicklung bei, gibt der Bürgermeister zu bedenken: "Viele laufen Billigangeboten hinterher." In den kleineren Läden vor Ort, die oft etwas teurer sind als die Discounter auf dem Weg zur Arbeit, besorgt man nur noch das, was man vergessen hat. Davon können die Läden nicht überleben.

Ein Lied davon kann Buchschwabach singen. Ein genossenschaftlich organisierter Dorfladen war hier 2009 mit hehren Zielen gestartet – und 2014 an der Realität gescheitert. Die Nachfrage war zu gering, das Team finanziell am Ende. Anfangs war die Euphorie groß gewesen, im kleinen Buchschwabach mit 380 Haushalten hatten sich 240 Genossenschafter gefunden. Zum Einkaufen aber kamen nur 70, 80 regelmäßig. Das Projekt scheiterte daran, dass doch zu wenige auf eine fußläufige Einkaufsmöglichkeit angewiesen sind. "Nur jetzt braucht keiner mehr zu jammern, dass im Dorf nichts mehr zu haben ist", resümierte Bürgermeister Johann Völkl, selbst Genossenschafter, ernüchtert. Im Fürther Vorort Vach hielt ein Dorfladen nur ein Jahr durch, auch hier fehlten Kunden.

Begehrter Bürgerbus

90 Prozent der Menschen sind mobil, sie trifft das Ladensterben nicht so, sagt Emmert. Es gehe eher darum, Lösungen für die übrigen zehn Prozent zu finden. Ehrenamtliche spielen dabei eine Schlüsselrolle, glaubt er.

Das zeigt das Beispiel Langenzenn: Dort macht man seit fünf Jahren gute Erfahrungen mit einem Bürgerbus ("Bübla"). 32 ehrenamtliche Chauffeure waren 2015 im Einsatz. Das "Bübla" hat einen festen Fahrplan. Den älteren Horbachern, Heinersdorfern und Keidenzellern ermöglicht der Bus, am öffentlichen Leben im Kernort teilzunehmen. Aber auch den älteren Langenzennern nimmt er beschwerliche Strecken ab: zum Friedhof, zum Arzt oder zum Einkaufen. "Der Bürgerbus gibt den älteren Menschen ein Stück Selbstständigkeit zurück", sagte Hans-Peter Krippner, der Vorsitzende des Bürgerbusvereins, den FN vor einem Jahr."„Für sie bedeutet es sehr viel, wenn sie nicht immer darauf angewiesen sind, dass die Schwiegertochter oder die eigenen Kinder sie in die Stadt fahren."

Auch in Tuchenbach gibt es Hilfe. Im Ort ist nur ein Bäcker verblieben, sagt Bürgermeister Leonhard Eder, aber im Umkreis von drei, vier Kilometern fänden sich fünf bis sieben Supermärkte. Wer eigenständig nicht dorthin kommt, kann sich freitags um 12 Uhr zum Bürgerhaus begeben: Dort holt der Leiter des Obermichelbacher Rewe-Markts – selbst ein Tuchenbacher – die Kunden gratis ab und setzt sie nach erledigtem Einkauf vor der Haustür ab. Das Angebot gibt es seit einigen Jahren, es wird Eder zufolge dankbar angenommen. Insgesamt klappe die Versorgung in Tuchenbach gut, auch weil die Nachbarschaftshilfe funktioniert und das Seniorenteam aktiv sei. Wenn einer zum Arzt müsse, finde er sicher einen Chauffeur.

Emmert rechnet damit, dass sich die Versorgungssituation in den nächsten Jahren noch einmal verändern wird: wenn sich auch im Lebensmittelbereich der Onlinehandel durchsetzt. Vielen älteren Menschen freilich ist das Bestellen im Internet noch fremd.

Keine Kommentare