Landfrauen machen Schule: Kinder erkunden den Bauernhof

23.7.2018, 06:00 Uhr
Landfrauen machen Schule: Kinder erkunden den Bauernhof

© Foto: Fiedler

Die Kälbchen haben es den Kindern der Klassen 1 c und 3 c besonders angetan. "Hat das hübsche braune schon einen Namen?", wollen vor allem die Mädchen wissen. Daniela Engelhardt, die junge Bäuerin auf dem Milchviehbetrieb in Egersdorf, verneint: "Es ist ja erst wenige Tage alt, da hatten wir noch keine Zeit, einen passenden Namen zu finden."

Bei "Landfrauen machen Schule" geht es aber nicht nur darum, süße Kälbchen zu streicheln oder den eifrigen Hühnern Gras durch den Zaun des Auslaufes zu stecken. Die Kinder sollen vielmehr lernen, dass die Milch eben nicht "im Supermarkt wächst". Diese Erkenntnis wünschen sich auch die Lehrerinnen Kerstin Pflaum und Tanja Riesner für ihre Schüler.

Überhaupt sollten die Kinder erfahren, welche immense Arbeit geleistet werden muss, damit täglich Nahrungsmittel verfügbar sind. Willi Höfler, Vater der kleinen Mia, hat an diesem Tag Zeit, seine Tochter auf den Bauernhof zu begleiten. Nicht ohne Ironie merkt er an: "Manche Kinder meinen ja, dass Kühe lila sind".

Dürftiges Wissen

Das Problem, dass das Wissen um Nahrungsmittel und deren Entstehung auf dem Bauernhof immer dürftiger wird, kennen auch Dieter Engelhardt, Landwirtschaftsmeister und Agrarbetriebswirt, und seine Frau Daniela. Obwohl der 120 Hektar große Betrieb mit 180 Stück Rindvieh gerade mitten in den Erntearbeiten steckt, nehmen sie die Herausforderung an und lotsen an diesem Tag 50 Kinder durch die Ställe, in die Maschinenhalle und zum Butterrühren.

Die Milch und ihre Produkte als fester Bestandteil einer gesunden Ernährungspyramide stehen im Mittelpunkt dieses recht abwechslungsreichen Schultags. Im Unterricht hatten die Mädchen und Buben schon einiges über die Zusammensetzung eines gesunden Speisezettels erfahren. Bei den Engelhardts lernen sie nun, wie vielschichtig auch eine Kuh ernährt werden muss, soll sie ausreichend Milch geben und immer wieder ein gesundes Kälbchen zur Welt bringen.

Dieter Engelhard stemmt ein blaues Fass über den Kopf: "Da passen 200 Liter rein, genau so viel wie in die vier Mägen einer Kuh", macht er den erstaunten Kindern damit deutlich. Jetzt heißt es, die Futtermittel zu unterscheiden: Kraftfutter, Mais- und Grassilage sowie Heu dürfen die Kinder anfassen; dann können sie die Riesenportion für ein Kuhmenü zusammenstellen und abwiegen.

Kühe anschauen und die Arbeit auf einem Bauernhof erklärt bekommen — für manch einen der Buben ist das schon wieder eher langweilig. Da ist es weitaus interessanter, in die Kanzel eines Mähdreschers zu steigen oder zu gucken, wie viele Schaltknöpfe und Hebel im Cockpit des "Johnny" angebracht sind. Der Bulldog der Marke John Deere hat bei Engelhardts nämlich diesen Spitznamen und ist derzeit vor ein Riesenteil gespannt, das Stroh und Heu in zentnerschwere Ballen presst.

Es muss schmecken

Die lagern in den Engelhardt’schen Ställen über den Futtertrögen. Inzwischen wissen die Kinder, wie wichtig gutes Futter ist: "Kühe haben eine feine Nase und fressen nur, was ihnen richtig gut schmeckt", hat Daniela Engelhardt ihnen erzählt und auch erklärt, dass man als Bauer einen großen Futtervorrat für den Winter anlegen muss, "weil es dann nichts Frisches auf den Feldern und Wiesen gibt."

Bettina Hechtel, Kreisbäuerin im BBV, ist dankbar, dass die Engelhardts diese wichtige Aufgabe für die Schüler übernehmen. "Wir müssen den Kindern dringend die Grundlagen vermitteln, wo unsere Nahrungsmittel herkommen und wie moderne Landwirtschaft funktioniert", betont sie.

Deshalb werde sie sich dafür einsetzen, dass das Projekt "Landfrauen machen Schule" auch in Zukunft weitergeführt wird. Denn: "Die Öffentlichkeitsarbeit ist für die Landwirte inzwischen zu einem eigenen Betriebszweig geworden", sagt die ehrenamtliche Vertreterin der Bäuerinnen im Landkreis.

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