Landkreis Fürth: Wildunfälle als Problem

9.12.2016, 06:00 Uhr
Landkreis Fürth: Wildunfälle als Problem

© Fotos: Winckler, Stratenschulte/dpa

Ist Ihnen selbst mit dem Auto schon einmal Wild in die Quere gekommen, Herr Schulte?

Jagdberater Walter Schulte.

Jagdberater Walter Schulte.

Walter Schulte: Ja, sogar im eigenen Revier in Meiersberg. Ich bin von der Jagd nach Hause gefahren, als mir in der Dämmerung plötzlich ein Reh ins Auto gelaufen ist. Wenn es bei uns in Mittelfranken zu Unfällen dieser Art kommt, sind zu 71 Prozent Rehe daran beteiligt. Schwarzwild, also Wildschweine, kann man vernachlässigen, sie machen gerade einmal vier Prozent aus.

 

In Mittelfranken sind die Wildunfälle im Vergleich von 2014 zu 2015 um knapp 30 Prozent gestiegen, der höchste Wert bayernweit. Woran könnte das liegen?

Schulte: Pauschal ist das schwer zu sagen. Erklärungsversuche gibt es viele unterschiedliche, je nachdem aus welchem Lager sie kommen. Ich habe neulich in einer Zeitschrift die Äußerung eines hohen Forstbeamten gelesen, der meinte, man müsse eben noch mehr Rehe totschießen, dann gebe es weniger Unfälle. Ich finde das etwas zynisch. Mehr Verkehr, der erhöhte Freizeitdruck, die ausgeräumten Landschaften – es gibt sicherlich viele Gründe. Wichtig ist auch: Zu welcher Jahreszeit und wann – morgens, abends, oder nachts – passieren die Unfälle und an welchen Stellen? Das muss man differenziert betrachten, da gilt es, genau hinzuschauen.

 

Es muss also nicht mehr geschossen werden?

Schulte: In den Jahren 2014 bis 2016 war die Abschussquote, die von den Revierinhabern, der Jagdgenossenschaft und dem Landratsamt festgelegt wird, immer gleich. In diesem Zeitraum wurden rund 4000 Rehe geschossen, jährlich etwa 1300. Ich gehe davon aus, dass die Quote zu 90 Prozent erfüllt wurde. Daran kann es also nicht liegen, dass die Unfallzahlen so explosionsartig gestiegen sind.

 

Wo sind in Stadt und Landkreis die gefährlichsten Ecken?

Schulte: Generell die Bundes-, Staats- und Kreisstraßen, wo schnell gefahren wird und Wälder bzw. Felder nahe an die Straße heranreichen. Spontan fallen mir die B 14 zwischen Stein und Gutzberg ein, die Verbindungsstraßen von Obermichelbach nach Vach und Veitsbronn oder die Strecke von Cadolzburg nach Gonnersdorf. Aber ich hoffe, dass wir da Anfang nächsten Jahres Genaueres wissen.

 

Wenn plötzlich ein Reh auf der Straße steht, wie soll der Autofahrer reagieren?

Schulte: Meistens passieren Unfälle in der Dämmerung oder nachts. Abblenden, hupen – und bitte nicht ausweichen, da passieren dann nämlich erst die schweren Unfälle. Besser ist ein kontrollierter Zusammenstoß.

 

Und wenn es kracht, was dann?

Schulte: Auf jeden Fall immer die Polizei anrufen, die dann den Revierinhaber verständigt. Das gilt auch, wenn das Tier weiterläuft. Bleibt es liegen, muss man die Unfallstelle absichern, das heißt Warnblinkanlage einschalten und Warndreieck aufstellen. Wenn das Tier tot ist, darf man es nicht einfach in den Kofferraum laden, das wäre Wilderei. Lebt es noch und hebt etwa den Kopf, dann bitte Abstand halten. Es könnte in Panik geraten und flüchten.

 

Wenn die Statistik vorliegt und Unfallschwerpunkte feststehen – wie kann man dann reagieren, mit Duftzäunen oder Reflektoren?

Schulte: Von Duftzäunen halte ich wenig, die Wirkung lässt schnell nach. Helle Reflektoren bringen nichts, bei den blauen, die im Landkreis teilweise schon montiert sind, übrigens auf Kosten der Revierinhaber, höre ich aus Gutzberg und Vogtsreichenbach, dass sie durchaus positive Effekte haben. Es gibt allerdings auch etwas anderes – eine interessante App.

 

Und was kann die?

Schulte: „Wuidi“ wurde von drei jungen Leuten aus Niederbayern entwickelt. Da kann ich die gefährlichen Punkte in meinem Revier eingeben und wenn ich mit dem Auto durchfahre, warnt mich das Smartphone akustisch und optisch. Ich habe es gemacht, das funktioniert bayernweit, allerdings derzeit nur für das Android-Betriebssystem, aber noch nicht für Apple.

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