Landkreis Fürth will den Tarifdschungel lichten

4.10.2015, 16:00 Uhr
Landkreis Fürth will den Tarifdschungel lichten

© fn

Im Umwelt- und Verkehrsausschuss hat Tim Alter als zuständiger Sachgebietsleiter die Ergebnisse nun vorgestellt. Ziel war, jedem Gemeindegebiet eine einheitliche Tarifzone zuzuweisen und Teilzonen, die die Nachvollziehbarkeit der Preisstruktur verkomplizieren, aus der Welt zu räumen. Innerhalb eines Gemeindegebiets variierende Fahrpreise wie sie beispielsweise in Zirndorf, Obermichelbach oder Cadolzburg üblich sind, gar unterschiedliche Preise für Fahrten zwischen dem gleichen Abfahrts- und Zielpunkt, weil der Bus eine längere Strecke zurücklegt: „Das gehört sich geändert“, so Dießl.

Gleiches Ziel, anderer Preis

Tarifstufen dem schematisierten Zonenplan zu entnehmen, da tut sich selbst Wolfgang Hufnagel, altgedien-ter ÖPNV–Fachmann im Landratsamt, schwer. Das bleibt den Fahrgästen aber dank der Technik erspart. Wer am Fahrschein-Automaten das Ticket löst, bekommt automatisch gesagt, was seine Fahrt kostet. Allerdings birgt das auch manche Kuriosität, dann etwa, wenn die Fahrt vom Obermichelbacher Ortsteil Rothenberg nach Fürth, je nachdem, ob man den direkten Bus in die Stadt nimmt oder über den Umstieg in die Regionalbahn in Siegelsdorf fährt, gleich um zwei Tarifstufen variiert. Ein typisches Beispiel ist für Hufnagel auch die von vielen Pendlern genutzte Route vom Bahnhof Siegelsdorf nach Herzogenaurach: Abhängig davon, ob der 123er Bus die Route über Puschendorf oder Obermichelbach nimmt, macht das eine Preisstufe Differenz.

Konterkarierend zum generellen ÖPNV-Ziel, den Individualverkehr einzudämmen, wirkt die Zonierung dann, wenn sie das Hin- und Her-Pendeln zu Bahnhalten befördert. Zu beobachten ist das zum Beispiel in Unterasbach. Obwohl Buslinien den Bahnhalt anbinden, steigen Altenberger ins Auto, um von Unterasbach eine Preisstufe günstiger nach Nürnberg zu fahren. „Das wollen wir verhindern“, so Dießl. In Roßtal geht mancher so weit, im Auto zum S-Bahnpunkt Anwanden zu fahren, weil er sich damit eine Teilzone spart, obwohl die Züge auch im eigenen Wohnort halten.

Fünf Varianten präsentierte Alter im Verkehrsausschuss, die das Kreisgebiet in fünf Zonen unterteilen würden: Wilhermsdorf-Kirchfarrnbach wären zu einer Zone zusammengefasst, Langenzenn und Großhabersdorf zu einer weiteren. Als Band von Nord nach Süd würden Obermichelbach, Tuchenbach, Puschendorf, Cadolzburg, Ammerndorf und Roßtal einen Bereich bilden. Veitsbronn und Seukendorf würden weiter auf einer Zonengrenze liegen, mit dem Effekt, dass sie der jeweils in Fahrtrichtung liegenden Tarifzone zugeschlagen wären. Die fünfte Tarifzone wäre der Siedlungsschwerpunkt Oberasbach, Stein und Zirndorf.

Licht in den Tarifdschungel

Die Varianten unterscheiden sich stets nur im Bereich der drei an Nürnberg und Fürth angrenzenden Städte. Hier empfiehlt es sich nach Ansicht der Kreis-Verkehrsplaner nicht, auf Teilzonen zu verzichten. Das würde in der Ecke des Kreises, in der die meisten ÖPNV-Nutzer unterwegs sind, für viele den Fahrpreis verteuern oder umgekehrt so viele Fahrten vergünstigen, dass der Landkreis den Defizitausgleich an die Verkehrsunternehmen nicht stemmen könnte.

Der Versuch, den Tarifdschungel zu lichten, ist ein Projekt, mit dem der Landkreis Fürth Tim Alter zufolge Neuland im gesamten VGN-Bereich betritt, allerdings auf offene Ohren in der VGN-GmbH gestoßen ist: Dort sei man sehr gespannt auf die Ergebnisse.

Mit der Neustrukturierung sollen Alter zufolge weitestgehend günstigere Fahrpreise für die Kundschaft im Landkreis einhergehen. Das für die Verkehrsunternehmen und den VGN entstehende Defizit müssten der Landkreis und seine Kommunen ausgleichen. Die Bewertung, was das kosten könnte, steht noch aus. Das soll der VGN ermitteln.

Um welche Summen es dabei geht, macht das Beispiel der Stadt Stein deutlich: Seit rund vier Jahrzehnten ist ihr der Stadttarif, mit dem sie sich ins Tarifgebiet Nürnberg/Fürth einkauft, lieb und teuer. Gerade ist das Jahr 2014 abgerechnet: Etwas über 63 000 Euro hat es den Stadtsäckel Kämmerer Martin May zufolge gekostet, um die Mindereinnahmen des VGN für die Ausweitung der Tarifzone 200 auf den Busfahrten der Linie 63/64 auszugleichen.

Oberasbach und Zirndorf haben sich 2009 ausrechnen lassen, was es sie kosten würde, wenn sie ihren Bürgern günstigere Fahrpreise auf den VGN-Linien in ihrem Stadtgebiet finanzieren würden. Etwa 560 000 Euro hätten sie für die Tarifzone 200 bezahlen müssen. Zu dieser Subvention sahen sich beide Städte jedoch außerstande.

Zeitnah wäre mit einer Umsetzung der Tarifzonen-Neueinteilung im Fürther Land ohnehin nicht zu rechnen. Bis die VGN-Geschäftsstelle die Berechnungen vorlegt, dürften einige Monate ins Land gehen. Dann müssen sich alle 14 Kreiskommunen noch mit dem Defizitausgleich über die aus ihren Umlagezahlungen finanzierten Kreiskasse einverstanden zeigen. Und nicht zuletzt müssen alle Nachbarn im VGN zustimmen, was das Problem nicht sein dürfte. Auswirkungen auf den ÖPNV in ihren Gebieten hätte die Reform nicht.

Keine Kommentare