Landsknechte stürmen die Cadolzburg

24.7.2017, 11:00 Uhr
Landsknechte stürmen die Cadolzburg

© Foto: Armin Leberzammer

Wie trägt man eine Hellebarde? Über die rechte oder linke Schulter? Ganz einig ist sich die Truppe unter Hauptmann Harald Maußner darüber nicht. "Vielleicht sollten wir demokratisch abstimmen", meint ein harnischbewehrter Witzbold. Ein Prozedere wie es im ausgehenden Mittelalter, das die Gruppe ja nachstellen möchte, allerdings sicherlich keine Anwendung fand.

Überhaupt ist der Hauptmann mit seiner Truppe recht nachsichtig. Kein harter Drill, eher geduldiges Einüben ist angesagt. "Mehr als acht Befehle waren nicht notwendig, um so einen Hellebardenblock durch die Schlacht zu führen", erklärt Maußner, der sein Hobby auch als ernsthaften Beitrag zur Forschung verstanden wissen möchte. Eine Erkenntnis aus vielen Jahren im "Nürnberger Aufgebot": Fällt der Block im Kampf auseinander, gibt es für den einzelnen kaum Aussicht auf Entkommen.

Deutlich weniger martialisch geht es am Rande des Exerzierplatzes zu. Hier steht Zelt an Zelt und Kunsthandwerker präsentieren ihr Geschick wie zu Zeiten des 15. Jahrhunderts. Ein Lederscheidenmacher zeigt, wie die Schutzbezüge für Schwerter oder wertvolles Besteck hergestellt werden. Ein Holzschnitzer fertigt Kästchen und Bilderrahmen und ein Kleidermacher näht Mäntel aus grobem Stoff. Musiker und Schreiber geben Zeugnis über damalige Kulturformen ab.

"Die Gesellschaft war eine ganz andere als heute und das macht das Spätmittelalter so spannend", begründet Lena Pechar ihre Faszination für die Vergangenheit. Eine Zeit ausgeprägter Hierarchien, feudaler Herrschaftsstrukturen und tiefer Religiosität sei die Zeit vor der Reformation gewesen. "Und trotzdem sind wir und unsere moderne Gesellschaft daraus entstanden", sagt die 32-jährige Vorsitzende von Nürnberg 1474.

Abenteuer und Geschichte

Wenn sich deren rund 35 Mitglieder mit anderen befreundeten Aufgeboten treffen, könne man nicht nur einem Hobby, sondern Dutzenden frönen – eben weil sich jeder auf etwas anderes spezialisiert hat und die übrigen an seinem Wissen teilhaben lässt.

Pechar etwa betreut meist Besuchergruppen und erläutert das Treiben im Lager. In Cadolzburg hat sie sich an diesem Wochenende gemeinsam mit drei anderen Frauen der Feldküche angenommen. Dort köcheln über offenem Feuer Töpfe mit Suppe und Grütze.

Für sie steht ebenso wie für ihren Vorstandskollegen Maußner nicht nur das gemeinsame Abenteuer im Vordergrund, einen romantischen Blick auf die Zeit vor 1500 hat außer den Kindern im Lager wohl keiner.

"Wir nehmen das schon ernst, sind viel in Museen unterwegs und einige haben bereits Bücher geschrieben", erklärt Pechar. "Living History", wie sie Nürnberg 1474 betreibt, sei ein internationales Phänomen. Dadurch komme man viel herum, lerne unterschiedliche Menschen und deren Talente kennen. Vor der frisch renovierten Cadolzburg werden sie also wohl nicht zum letzten Mal ihr Lager aufgeschlagen haben.

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