Langenzenn diskutiert übers Impfen

17.8.2017, 06:00 Uhr
Langenzenn diskutiert übers Impfen

© Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Die gute Nachricht: Die Quote der Geimpften ist hierzulande sehr hoch. Und dies, obwohl es in Deutschland weder eine Impfpflicht noch die Vorschrift für Ärzte gibt, dass sie melden müssen, wer gegen was geimpft wurde. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt trägt wohl zur hohen Quote bei. Er selbst, sagte er, sei immer geimpft, da er beruflich viel unterwegs sei.

Und doch ist der Minister die Ausnahme: Es komme bei der Zahl der Geimpften sehr stark auf das Alter an, schränkte Professor Christian Bogdan, Direktor des Mikrobiologischen Instituts der Friedrich-Alexander-Universität und Mitglied der Ständigen Impfkommission, ein: "Bei Kindern sind wir sehr zufrieden, je älter die Leute sind, desto schlechter werden die Zahlen." Das liegt laut Bogdan auch daran, dass es im höheren Alter beim Arztbesuch um andere Themen gehe.

Seit dem Jahr 2012 wird bei der Einschulung der Impfpass überprüft. "Bei uns gab es noch keine Ausbrüche von Krankheiten, gegen die Kinder eigentlich geimpft werden", sagte Inge Knörr, Rektorin der Grundschule Langenzenn. Auch bei der Anmeldung in einer städtischen Kindertagesstätte müssen die Eltern den Impfpass des Kindes vorlegen. "Meiner Erfahrung nach wird nicht über das Thema gesprochen", äußerte die Vorsitzende des Elternbeirates der Kita Plapperkiste in Langenzenn, Isabella Mereu.

Eine Krankheit, deren Verbreitung durch ein kurzes Piksen verhindert werden kann, sind Masern. "Hierbei liegt die Impfquote bei 65 bis 70 Prozent", erklärte Mediziner Bogdan. Der übrige Prozentsatz halte die Krankheit einfach nicht für gefährlich und lasse sich oder das Kind deshalb nicht dagegen impfen. Ein größerer Ausbruch der ansteckenden Erkrankung scheint deshalb laut Aussagen von Experten wahrscheinlich. Was viele nicht wissen: Nicht nur Kinder können Masern bekommen, auch Erwachsene seien hier gefährdet, sagte Dr. Michael Hubmann, Kinderarzt aus Zirndorf.

Die rechtliche Lage ist momentan so: Eine Impfpflicht kann in Deutschland nur eingeführt werden, wenn ein Notfall vorliegt und damit eine Epidemie eingedämmt werden kann.

Dies zu einer dauerhaften Pflicht zu machen, hielten alle Diskutanten für keine gute Idee. Neben der schlechten Durchsetzbarkeit eines Impfgebotes stelle sich die Frage, was die Strafe im Fall der Weigerung wäre.

Außerdem greife eine Impfpflicht sehr stark in die persönlichen Entscheidungen der einzelnen Bürger ein und sei deshalb juristisch nur schwer durchsetzbar. Selbst wenn eine Impfpflicht nur für Kinder eingeführt würde, überwiege das Gefühl der Bevormundung.

"Viel wichtiger ist hier Transparenz und Aufklärung", forderte Inge Knörr. Bogdans Idee war, das Thema Impfen in der Schule zu behandeln. "Im Biologieunterricht wird das Immunsystem zu oberflächlich thematisiert, da muss man ansetzen", meinte er.

Auch wenn bislang noch keine Eltern in die Sprechstunde von Dr. Hubmann kamen, die Impfmüdigkeit sei für Ärzte trotzdem ein Thema, sagt der Mediziner. Die Ängste vor Impfungen rührten aus der Lancet-Studie von 1998 her, erklärte der Kinderarzt. Deren Resultate seien aber inzwischen als unwissenschaftlich widerlegt, ein Teil der Probanden seien sogar bezahlt worden. Dennoch werde diese Studie weiterhin hartnäckig zitiert, wenn es um die Gefahren von Impfungen gehe. "Die Leute nehmen alle möglichen Medikamente, ohne den Beipackzettel zu lesen", sagte Bogdan. "Aber bei Impfungen wird das Prozedere und der Impfstoff selbst von einigen Kritikern komplett seziert."

Die Kosten für die Impfungen werden von den Krankenkassen übernommen, wenn die Ständige Impfkommission eine Empfehlung dafür herausgegeben hat. Bevor das aber geschieht, muss die Wirksamkeit des Impfstoffes sorgsam überprüft werden. "Das Thema muss wissenschaftlich behandelt werden", fasste Bogdan zusammen. Womit er sagte, was alle Teilnehmer aussprachen: Politischer Zwang bringe nichts.

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