Langenzenn: Martin Luther ohne Mythen und Legenden

12.3.2017, 16:00 Uhr
Langenzenn: Martin Luther ohne Mythen und Legenden

© Foto: Sabine Rempe

Warum dieser "Luther" eine Riesenaufgabe ist, größer noch als das mittlerweile beinahe legendäre "Kaiserspiel"? Eine relativ einfache Frage für die Organisatoren. Immerhin gilt es jetzt allein, 120 Akteure zu inszenieren und pro Vorstellung drei Aufführungsorte zu bespielen, während sich hinter den Kulissen ungezählte Helfer um Kostüme, Bühnenbau oder um die Verpflegung der Besucher kümmern.

Die Vorbereitungen laufen seit mehr als einem Jahr, im Dezember wurden die Rollen verteilt. Was eine gewisse Herausforderung in sich barg, denn: "Zu neunzig Prozent agieren Männer", rechnet Regisseurin Gabriele Küffner vor. Seit Anfang Januar wird jetzt geprobt. Im Moment allerdings jeweils nur einzelne Szenen mit den entsprechenden Darstellern, ab Mai soll alles zusammengefügt werden. Dann sind auch die vielen Mitwirkenden zur Stelle, die keine oder kleine Sprechrollen haben.

Strategische Herkulesaufgabe

Vor Küffner und allen Beteiligten liegt nicht zuletzt eine Strategieaufgabe, die es in sich hat. Zum Beispiel sollen Spieler und Zuschauer reibungslos zwischen drei ganz besonderen Schauplätzen wechseln. Das Spiel beginnt in der Stadtkirche, von dort geht es zum Martin-Luther-Platz, der sich in einen geschäftigen Markt mit Ständen und Gauklern verwandeln darf. Anschließend wird der Klosterhof zum Mittelpunkt der Aufführung.

Johanna Deffner ist für das Bühnenbild verantwortlich, von Videokünstler Christoph Drews kommen prägnante Installationen. Die renommierte Musikerin Monika Roscher, die unter anderem 2014 mit einem ECHO Jazz, als beste Newcomerin ausgezeichnet wurde und im Sommer in der neuen Hamburger Elb-Philharmonie auftreten wird, hat für die Langenzenner "Luther"-Produktion die Musik komponiert.

Grundlage des großen Spiels zum Reformationsjubiläum ist das Drehbuch für den 2003 erschienenen Film "Luther", in dem Eric Till Regie führte und Joseph Fiennes die Titelpartie stemmte. Gabriele Küffner hat diese Vorlage bearbeitet, mit neuen Texten ergänzt und das Konzept für die Theaterfassung erstellt. In Langenzenn hat sie bereits zahlreiche Inszenierungen mit beiden Vereinen erfolgreich auf die Bühne gebracht. Im vergangenen Sommer bespielten zum Beispiel die Hans-Sachser unter ihrer Regie den Klosterhof mit "Der Geisterbräu".

Was hat die erfahrene Theaterfrau mit diesem Luther vor? "Ich versuche, ihm ein bisschen auf die Sprünge zu helfen, um zu zeigen, wie vielschichtig das Thema bis heute ist." Der Reformator habe "große Verdienste" und sie selbst sei "voll Bewunderung" für ihn, auch, weil er stets großen Mut bewiesen habe. Trotzdem sei er Historie. "Er trägt uns heute nicht mehr." Küffner, die sich stets tief in jede einzelne Figur einfühlt, hat sich sogar Luthers Sternzeichen angeschaut: "Skorpion, Aszendent Löwe." Ein klarer Fall, sagt sie: "Das passt genau, er hatte starke Emotionen, war jähzornig und spontan."

Verzichten wird Küffner allerdings komplett auf hübsche Legenden. Kein Hämmern an der Kirchentür, kein fliegendes Tintenfass also? "Nein, ich entkleide ihn von allen Mythen, richte den Blick auf den Menschen. Das ist viel spannender." Absolut spannend sind freilich auch die Herausforderungen, die Klaus Roscher schultert, der die Gesamtleitung übernommen hat. Seit mehr als einem Jahr, überlegt er, gibt es für ihn "keinen Tag mehr ohne Luther". Im Produktionsbereich gehe es um eine "sechsstellige Summe", exakter lässt er sich den Betrag nicht entlocken. Sämtliche Laiendarsteller treten ohne Honorar auf. "Anders wäre das hier unmöglich." Unzählige Fäden laufen in Roschers Hand zusammen. Außerordentlich vielfältig ist sein Amt, inklusive eher unerwarteter Aufgaben: "Ich brauche für die Aufführung noch ein gutmütiges Pferd. Oder einen Ochsen . . ."

Felix Reimann wird der Langenzenner Luther. Der 35-Jährige hat bei den Hans-Sachsern zum Beispiel schon den Pfeiffer mit drei "f" in der "Feuerzangenbowle" gespielt. Ihm ist sehr bewusst, dass "Martin Luther in einer Zeit gelebt hat, die uns völlig fremd ist, weil sie einfach extrem anders war". Genau das aber interessiert ihn: "Ich will mich dort hineinfühlen, damit ich wirklich verstehe, was ich auf der Bühne sage." Gabriele Küffner lobt: "Er denkt sich wirklich ganz und gar in seine Rolle und setzt das dann um."

Hoffen auf den Maskenbildner

Eine Arbeitsweise, die gewisse Risiken birgt. Reimann, von Beruf Informatiker, lacht: "Luther als Charakter ist im Grunde sehr weit weg von mir, trotzdem habe ich jetzt ein paar Mal bemerkt, dass ich Züge von ihn annehme. Diese Figur beeinflusst mich augenscheinlich." Fremd war sie ihm eh nicht. "Luther ist schon immer präsent, in der Konfirmationszeit habe ich sogar überlegt, ob ich nicht Pfarrer werden soll." Eine Frage, die Felix Reimann längst für sich beantwortet hat. Offen ist eine andere: Wie hält er es mit der typischen Tonsur, der kahl rasierten Stelle auf dem Kopf, die Luther als Mönch trug? Reimann fasst sich kurz an seine dunklen Locken, grinst und gesteht: "Ich hoffe noch auf die Kunst guter Maskenbildner . . ."

Kartenvorverkauf: vorverkauf@hans-sachs-spiele und karten@klosterhofspiele.de sowie bei Ticketportal RESERVIX

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