Langenzenn: Schulz-Zug rollt in den Abstellbahnhof

19.2.2018, 13:05 Uhr
Langenzenn: Schulz-Zug rollt in den Abstellbahnhof

© Foto: Leberzammer

Der SPD-Unterbezirk Fürth lud seine Mitglieder am Freitagabend zu einer Podiumsdiskussion nach Langenzenn ein. Er erwarte "offene Worte" an diesem Abend, meinte der Unterbezirksvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Carsten Träger vor dem Beginn der Veranstaltung. Ein wenig schwang dabei wohl auch Sorge vor einem allzu hitzigen Meinungsaustausch mit. Am Ende waren die gut 50 anwesenden Mitglieder zwar, wie zu erwarten, nicht alle auf einer Linie, sie lobten aber durch die Bank das Niveau des internen Meinungsaustausches.

"Wir sind eine streitbare Partei, aber diese Diskussion und die Entscheidung über den Koalitionsvertrag wird uns nicht spalten", betonte eine SPD-Frau in einer der letzten von zahlreichen Wortmeldungen nach über zwei Stunden im Saal des "Grauen Wolf". Überall höre sie, das Ja oder Nein über die GroKo zerreiße die Sozialdemokraten. "Uns zerreißt gar nichts, sondern wir werden gemeinsam an der Erneuerung unserer Partei arbeiten", so ihr Schlusswort.

Konträre Positionen

Eine Aussage, die Carsten Träger ebenso wie Fürths Juso-Vorsitzender Felix Griener zustimmend kommentierten. Beide hatten, moderiert von Elisabeth Reichert, zuvor Argumente für beziehungsweise gegen den neuen Koalitionsvertrag vorgebracht. Aufgegliedert nach vier Themengebieten – Europa, Gerechtigkeit, Zukunft und Leben – trugen Träger und Griener in jeweils dreiminütigen Kurzstatements ihre Ansichten vor.

Und die lagen trotz gegenteiliger Meinung über einen erneuten Eintritt in die Regierung mit CDU und CSU oft gar nicht so weit auseinander. So etwa bei der Bildung oder der Wohnungspolitik. Da sei viel Gutes im Vertrag, so Griener: "Wenn es nur dieser Bereich wäre, würde ich zustimmen", meinte der Juso im Hinblick auf den Wiedereinstieg des Bundes in den sozialen Wohnungsbau. Auch bei Arbeit und Gesundheit gebe es aus seiner Sicht Positives, etwa die Wiedereinführung der Parität zwischen Arbeitgebern und –nehmern bei den Beiträgen zur Krankenversicherung. Die 8000 neuen Stellen in der Pflegé seien dagegen zu wenig. "Und eine Untergrenze als Standard festzulegen, ist nicht der große Wurf." Umweltpolitiker Träger lobte außerdem Fortschritte beim Klimaschutz und Gentechnik-Anbauverbot.

Eine Frage der Glaubwürdigkeit

Lebhafter wurde die Diskussion immer dann, wenn es weniger um die Sache, also die konkreten Inhalte des Koalitionsvertrags, ging als um die Frage der Glaubwürdigkeit. Man könne nicht auf ewig Juniorpartner der Union bleiben, und ein Ja zur GroKo würden die Wähler der Partei nicht mehr abnehmen, so Griener. Die Lage der Sozialdemokratie in Deutschland und Europa sei "katastrophal", eine wahre Erneuerung sei notwendig, "aber an der Seite von Angela Merkel werden wir das nicht erreichen." Es sei deshalb an der Zeit den "Schulz-Zug zu verlassen, die verschlissenen Waggons und Gleise zu reparieren und zu überlegen, wo die Reise künftig hingehen soll", so Felix Griener.

Ja, die SPD brauche Erneuerung und ein neues Grundsatzprogramm, findet auch Carsten Träger. Doch dazu benötige die Partei Zeit, die sie im Falle von Neuwahlen nicht hätte. "Erneuerung ist auch in der GroKo möglich", glaubt er. Letztlich sei er von den Inhalten des neuen Koalitionsvertrags so überzeugt, dass Hoffnung auf dereinst wieder bessere Wahlergebnisse bestehe.

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