Leben in Chansons

4.10.2016, 11:02 Uhr
Leben in Chansons

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Nach Boogie-Woogie und NapoliLatina standen in der Obermichelbacher Heilig-Geist-Kirche unter dem Titel „Hommage an Edith Piaf“ französische Chansons auf dem Programm. Aus dem Konzert mit der Schauspielerin und Sängerin Elke Wollmann vom Nürnberger Staatstheater und der Pianistin, Keyboarderin, Organistin und Arrangeurin Béatrice Kahl wurde aber kein traditioneller Liederabend mit aneinandergereihten Chansons von Edith Piaf, dem „Spatz von Paris“. Denn in die Hommage an die französischen Chansonsängerin floss ihr ganzes Leben mit ein. Es wurde eine Zeitreise mit Höhe- und Tiefpunkten, mit vielen kurzen Liebschaften und tiefgehenden längeren Liebesbeziehungen, mit Alkohol- und Morphiumabhängigkeit, die Edith Piaf zeitweise das Leben zur Hölle machten. Und doch war die Musik ihr Lebenselixier, das sie immer wieder aufrichtete.

Elke Wollmann war eine ideale Interpretin dieser Chansons mit ihrer durchdringenden, dann aber auch wieder lyrisch sanft klingenden Stimme, mit fein dosierten Nuancen. Sie schaffte den Übergang von der Sprechstimme zur Singstimme faszinierend, brachte den Klang der französischen Sprache exzellent zum Ausdruck. Wollmann schlüpfte als Ich-Erzählerin auch immer wieder in andere Rollen und erweckte so ihr großes Vorbild zum Leben. Sie las Textauszüge und zauberte mit der perfekten Mimik und Gestik einer Schauspielerin französisches Flair in die Obermichelbacher Kirche.

Mit Béatrice Kahl hatte sie nicht nur eine versierte, sondern auch einfühlsame Begleiterin am Klavier an der Seite. Jazzige Rhythmen, dynamischer Ausdruck in melancholischen Passagen, feinnerviger Anschlag, Virtuosität: Die beiden Interpretinnen agierten in perfekter Homogenität. Jedes Ritardando, jede Steigerung wurde wie mit einem gemeinsamen Atem nachempfunden. Nicht nur das berühmte „Mylord“ wurde zu einem musikalischen Highlight.

Berühmte Freunde

Als Star der Pariser Szene hat Piaf nicht nur zahlreiche aufstrebende Künstler wie Yves Montand, Gilbert Becaud und Charles Aznavour gefördert, auch Freundschaften mit Berühmtheiten wie Marlene Dietrich, Georges Moustaki und Eddie Constantine prägten ihr Leben.

Jean Cocteau schrieb sogar ein Theaterstück für sie. Glücklich war sie mit dem Boxchampion Marcel Cerdan und verliebt in Theo Sarapo, den sie 1962 heiratete. Auch wenn sich das Liebeskarussell weiterdrehte, bedeuteten ihr ihre Chansons alles, „die Männer blieben immer die anderen“. In ihren Chansons spiegeln sich die Tragödien ihres Lebens wider und es gelang den beiden Interpretinnen beeindruckend, diese Kongruenz der jeweiligen Lebensumstände und der daraus entstandenen Lieder immer wieder hörbar werden zu lassen. Die als Zugabe gesungene „Geschichte vom armen Hans“ gipfelte in dem guten Rat „Liebt euch“. Schade, dass die von ihrer Musik ausgehende prickelnde, gefühlvolle, auch beschwingte Atmosphäre durch eine völlig überflüssige „Schlussansprache“ inklusive „fachlicher“ Bewertung des Gehörten und den Kanon „Happy birthday“ (weil am Tag vorher jemand Geburtstag hatte) zerstört wurde.

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