Lilies Diary: Wie eine Bloggerin Fürth entdeckt

21.6.2017, 06:00 Uhr
Lilies Diary: Wie eine Bloggerin Fürth entdeckt

© Farina Kirmse

90 Nächte in 90 Betten – zu Gast bei Couchsurfern – hat Christine Neder schon hinter sich. Auch 40 Festivals in 40 Wochen hat sie geschafft. Beide Abenteuer sind in Büchern nachzulesen. Die neue Aufgabe klang da ruhiger: ein Roadtrip durchs idyllische Franken. 14 Städte in 14 Tagen. Oder in der Blogger-Sprache: #14cities #visitfranconia!

Schweinfurt, Aschaffenburg, Rothenburg, Coburg, Kulmbach, Bayreuth, Würzburg, Bamberg, Dinkelsbühl, Eichstätt, Ansbach, Nürnberg, Erlangen und Fürth standen auf ihrer Route. Fachwerkidylle, Weinhänge, rollendes R also. Für Christine Neder war das auch eine Reise zurück in ihre Heimat: Die 30-Jährige, die in Berlin lebt, ist in Schweinfurt aufgewachsen und wollte die vertraute Gegend nun mit der Neugierde entdecken, mit der sie sonst fremde Orte kennenlernt.

Manche Ecken von Franken hatte sie vorher schon mal besucht: Erlangen, Nürnberg, Herzogenaurach. „In Fürth aber war ich noch nie“, sagt sie, als die FN anrufen. Wobei, doch, strenggenommen hat sie hier einmal eine Freundin besucht, aber von Fürth nichts gesehen. Das änderte sich Anfang Juni.

Die Kleeblattstadt war die letzte Station auf ihrem Reisezettel, den sie übrigens nicht allein geschrieben hat: Der Tourismusverband Franken hat die Route geplant und das Projekt unterstützt.

Das ist nicht ungewöhnlich: „Lilies Diary“ ist zwar aus einem privaten Reiseblog entstanden. Neder, die Mode-Design studiert hat, war damals in New York und wollte mit ihrer Internetseite Freunde auf dem Laufenden halten. Wer jedoch vom Bloggen leben möchte, reist nicht mehr nur privat durch die Welt, sondern hat ein Geschäftsmodell entwickelt. Man fährt auch dorthin, wo Hotels oder Tourismusverbände bereit sind, dafür zu zahlen, dass bekannte Blogger sie ihrem Publikum vorstellen.

Es sieht nur aus wie Urlaub

„Lilies Diary“ ist in den vergangenen neun Jahren kräftig gewachsen, inzwischen schreibt hier ein ganzes Team. Hinter den 95.000 Facebook-Fans steckt Arbeit: Neder beobachtet, was auf sozialen Netzwerken ankommt, und sorgt täglich für neuen und professionell gestalteten Stoff. „Lilies Diary“ sei ihre Visitenkarte, sagt sie, darüber zieht sie Aufträge an Land. „Was auf meinen Blog oft wie Urlaub aussieht, ist meistens ein Marathon, um möglichst viele Infos, Fotos und Videosequenzen zu bekommen“, schrieb sie einmal über ihre Arbeit. Geld verdient sie mit einem Mix an Tätigkeiten: mit journalistischen Artikeln, Büchern, Imagefilmen für Kunden, Werbung auf ihren Plattformen, Arbeiten für Fernsehsender und auch als Social-Media-Beraterin.

Lilies Diary: Wie eine Bloggerin Fürth entdeckt

© Farina Kirmse

Nun also Franken. „Es war eine intensive Zeit“, sagt sie nach den 14 Tagen, ein bisschen k.o. sei sie vom vielen Herumlaufen und Anschauen – aber glücklich. Am meisten beeindruckt habe sie, dass sich doch jede Stadt von der anderen abhebt. „Und dass so vieles möglich ist“ – vielleicht nicht jeden Tag wie in einer Metropole, aber das Angebot sei überraschend vielfältig. Der Charme kleinerer Städte sei, „dass man an einem Tag so viel sehen kann. Wenn man einen Tag in Berlin ist, weiß man noch gar nichts von der Stadt.“

Karin Hirschmann-Schmidt von der Fürther Tourist-Info führte Neder und die Fotografin, die sie dabei hatte, zu Orten, die ihnen gefallen könnten. „Sie wusste genau, was wir suchen“, lobt Neder. Ganz toll sei etwa der Laden „Lomyli“ in der Sperberstraße gewesen, in dem man liebevoll designte Karten und andere Papierprodukte findet. Nachhaltigkeit sei ein Motto für den Rundgang gewesen, und so ging es auch zum Upcycling-Laden „Upsala“ in der Altstadt und zum Welthaus in der Gustavstraße, wo Neder mehr über das Mode-Label „Azadi“ erfuhr, das Mädchen aus der Zwangsarbeit befreit. Das Foto von der blauen Hose, die sie sich dort gekauft hat, hat sie schon gepostet.

Die Pfarrgasse fand sie bezaubernd, und die Aussicht von der Dachterrasse der Innenstadtbibliothek „schön“: „Sonst habe ich nur Türme erklommen.“ Zum Abschluss spitzte sie noch ins Café „Süße Freiheit“ hinein.

Lilies Diary: Wie eine Bloggerin Fürth entdeckt

© Farina Kirmse

Ihre Reiseberichte über die 14 Städte entstehen gerade. Die lassen sich nicht schnell am Abend, nach einem vollgepackten Tag, herunterschreiben, sagt sie. Sondern dafür brauche sie Zeit, auch um manches nachzurecherchieren. Das sei das Schöne am beruflichen Reisen, sagt Neder: „Man erfährt über jede Stadt Geschichten.“ Weiß hinterher etwa, dass ein graues Haus von der Vergangenheit der Stadt als Industriestadt erzählt.

In den nächsten Wochen will sie ihre Texte und die vielen Bilder und Videos, die sie gemacht hat, nach und nach veröffentlichen. Sechs, sieben Wochen dürfte es noch dauern, bis man mehr von ihren Fürth-Erlebnissen sehen kann.

Frage an die Expertin: War nun Nürnberg oder Fürth sehenswerter? „Da kann ich mich nicht entscheiden“, sagt Neder lachend. „Aber: Meine Fotografin fand Fürth schöner!“

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