lmmer viel geglotzt und gespielt und gelesen

23.11.2017, 15:30 Uhr
lmmer viel geglotzt und gespielt und gelesen

© Foto: Ralf Rödel

Die erste Begegnung nimmt gefangen. Denn es gibt viel zu sehen, sehr viel. Die Zeichnungen von Kirill Kogan sind kleinteilig und offenbaren eine scheinbar überbordende Vorstellungskraft. Das Format spielt dabei keine Rolle, denn die Fülle explodiert auf einer DIN-A4-Seite genau so gut wie als wandfüllende Mega-Arbeit.

Natürlich ist das nicht neu. Comic-Kunst ist etabliert und hat längst sämtliche Sehgewohnheiten geprägt. Deshalb dauert es vielleicht auch eine Weile, bis die Erkenntnis durchsickert: Was dieser 25-Jährige hier anstellt, ist schon jetzt auf faszinierende Weise eigenständig, erfrischend selbstbewusst und originell.

Kogan spielt mit Zeichen und Bildern, die vertraut sind. Die Quellen, aus denen er schöpft, sind alles andere als geheim. Da tauchen die üblichen Verdächtigen auf. Gestalten, zum Beispiel, die freundschaftliche Verwandtschaft mit dem "One Piece"-Personal erkennen lassen. "Ich liebe das", sagt Kogan. Seine Begeisterung gilt nicht nur dem Schöpfer der japanischen Manga-Serie, Eiichiro Oda, sondern auch dem Stellenwert, den die gezeichneten Geschichten in Japan haben: "Dort kann man eine richtige Ausbildung als Comiczeichner machen."

Er selbst studiert an der Universität der Künste in Berlin. Ein Fakt, den er mit einer Handbewegung abtut. "Ich behaupte, dass ich Autodidakt bin, und darauf bin ich stolz." Kirill war 11 Jahre alt, als er mit seinen Eltern aus Moskau nach Nürnberg zog. "Gezeichnet habe ich, seit ich denken an. Buntstifte und Papier habe ich zum Geburtstag und so bekommen."

Mit Cousins und Cousinen habe er dann ausgemalt, was in den TV-Comics zu sehen war: "Da haben wir dem Superhelden ein Raumschiff gezeichnet oder ein Auto, ein Haus oder Schlittschuhe."

Die Antwort auf die Frage, was ihn geprägt hat, ist einfach: "Ich habe schon immer viel geglotzt und gespielt und gelesen." An Comics und Videospielen habe ihn "der visuelle Aspekt" so gefesselt. Kiril Kogan ist ein Kind seiner Zeit und weiß, welche Schauer dem einen oder anderen Elternteil im Moment über den Rücken laufen mögen: "Das Ausmaß, in dem ich geguckt habe, wäre für andere vielleicht gefährlich gewesen", überlegt er. Aber da ist noch etwas: Die gleiche Leidenschaft empfindet er nämlich fürs Skaten.

Leidenschaftlicher Skater

"Im Grunde habe ich viel zu spät damit angefangen, erst mit 14. Aber das ist eine Kultur, die unglaubliche Menschen anzieht." Skaten wurde für ihn zum Dreh- und Angelpunkt: "Ich habe schon so viele verschiedene, großartige Freunde dabei kennengelernt. Das macht meinen Horizont ständig weiter."

Am liebsten nimmt Kirill Kogan einen schlichten schwarzen Edding in die Hand und zeichnet ohne Netz und doppelten Boden ("Ich weiß genau, was ich wo haben will"). Die Spontanität bleibt spürbar. Der Mut, Versuche, Skizzen, Momentaufnahmen zu zeigen, macht die ausgestellten Arbeiten sehr persönlich. Der 25-Jährige schöpft mitreißend aus dem ungeheuren Fundus, den er liebevoll seine "visuelle Bibliothek" nennt. Die ist so umfassend bestückt, dass zuvor Besorgte wieder aufatmen können. Götter und Helden tummeln sich darin genauso wie literarische Größen.

Der spezielle Reiz, den diese Schau im großbürgerlichen Charme von Sabine Pillensteins Gründerzeit-Villa entwickelt, liegt freilich nicht im Wiedererkennen. Stattdessen fesselt, wie eigenständig Kiril Kogan dieses Heer der visuellen Ahnen aus seinem Kopf aufmarschieren und agieren lässt. Völlig neue Geschichten werden hier erzählt.

Wie die aussehen? Lässt sich so einfach nicht sagen. Denn das ist eine ganz persönliche Sache zwischen dem Betrachter und den Zeichnungen des jungen Künstlers, der mit seinem Nachnamen signiert, hinter dem er einfach einen Punkt platziert. Gut so.

ZSiehe "Fürther Kunststücke" auf dieser Seite

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