Martin Stadtfelds schwermütiger deutscher Humor im Stadttheater

27.2.2015, 16:10 Uhr
Martin Stadtfelds schwermütiger deutscher Humor im Stadttheater

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Was an den Programmen des Pianisten Martin Stadtfeld vom Beginn seiner Karriere an besticht, ist deren Ernsthaftigkeit, Geschlossenheit, die sich alles Nebensächliche gerne erspart. Sein Debüt signalisierte, welcher Interpret da die Konzertbühne betrat. Jetzt, über zehn Jahre und viele Erfolge später, muss man davon nichts zurücknehmen. Auch nicht bei seinem bemerkenswerten Abend im Stadttheater. Da zeigte er anhand von Werken von J. S. Bach und Robert Schumann, wie weit er diese Ernsthaftigkeit, diese Versenkung in Poesie treiben kann.

Wer in den Hauptwerken des Abends einen erzählerischen Grundzug erwartet hatte, sah sich sicher enttäuscht. Stadtfeld setzt bei Bach auf Klangflächen, puren Klang, gräbt die Wurzeln der Toccaten-Kunst bis zu Froberger aus, zieht den Hörer schon mit frühen Werken Bachs in den Bann dieses barocken Kosmos. Fast altväterliche Verzierungen belässt er in einem ganz intimen Rahmen, äußerst zart werden die Fiorituren eingespielt, ohne die sonstige Strenge zu überborden: keine Rokoko-Rocaillen, sondern hochbarocke, puristische Strenge. Da hat Stadtfeld dann immer große dramaturgische und technische Reserven für die Ausbrüche in die gewaltigen Klangdimensionen etwa einer Fuge.

Noch interessanter war, wie sich Stadtfeld etwa Schumanns Toccaten und die Tradition seit Bach anverwandelt (op. 7): als einen überwältigenden Wirbel, der aber der sonst gängigen Virtuosenliteratur ernsthaftes Gewicht entgegensetzen will. Gewichtig auch durch die knifflige Grifftechnik – Schumann glaubte, sein bislang schwierigstes Stück geschrieben zu haben. Diese Bravour ist zugleich rückwärts und vorwärts orientiert: ein hinreißendes perpetuum mobile, das zwei Musiksprachen zusammenführt.

Wie ein Übervater

Zwischen diesen Toccata und Schumanns „Humoreske“ schiebt Stadtfeld wie einen düsteren Keil Bachs Passacaglia BWV 582. Bach klingt da wie ein gestrenger Übervater. Aber eine Rückkehr zu mosaikhafter Buntheit gibt es dann mit Schumanns op. 20 trotzdem nicht. Steinfeld will selbst in einfachsten Strukturen (wie am Beginn) ein Höchstmaß an geheimnisvoller Poesie entwickeln. Die gelegentlich überbordende Lust und Laune scheint nur dazu da zu sein, um den Hintergrund für die vorherrschende Melancholie abzugeben. Stadtfeld führt sein Publikum durch immer intimer schattierte Impressionen, die von dem, was man landläufig unter „Humor“ verstehen mag, weit entfernt sind: „Deutschen Humor“, im Gegensatz zu dem der Franzosen, wollte Schumann da verwirklichen. Und Stadtfeld macht tiefe Schwermut daraus – auch sehr deutsch. Hochkonzentriert, ohne jede virtuose Anstrengung träumt er sich bis an die Grenzen des Hörbaren – was in den Rahmen des Stadttheaters durchaus gut passt. Da verlieren sich alle vielleicht möglichen erzählerischen Zusammenhänge, gerät der spielerische Duktus in unendliche Weiten, in denen Stadtfeld sein Publikum wohl nur noch zum Teil erreicht: trügerischer kann ein Titel nicht sein.

Aus so viel Introvertiertheit war schwer zurückzufinden in die Wirklichkeit, der Applaus mochte kaum diesen geheimnisvollen Raum stören, den Stadtfeld um sein Spiel aufgebaut hatte. Konzessionen macht er bis in die Zugabe hinein keine. Da ist man mehr als gespannt, wie er das Schumann-Klavierkonzert spielen wird, wenn er am 10.März auf seiner Tournee in die Nürnberger Meistersingerhalle kommt.

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