Martina Schwarzmanns Liebe zu Bananenchips

27.3.2015, 18:00 Uhr
Martina Schwarzmanns Liebe zu Bananenchips

© Foto: Huckleberryking

Geht noch weniger Show? Die Frau betritt ohne Brimborium die Bühne und setzt sich auf den einsamen Hocker, so wie andere sich im heimischen Wohnzimmer auf dem Sofa niederlassen. Komplett entspannt. Ein kurzer Gruß. Eine nicht minder knappe Ansage zur Lage: „Ich bin schwanger. Es zwickt noch nix. Hinter der Bühne steht aber heißes Wasser parat.“

Äh, ah ja. Für die Schwarzmann Martina wäre das jetzt Vorrede und Palaver genug. Allein im Saal rumort es noch. Menschen kommen herein gehuscht, suchen ihre Plätze. Taschenlampen malen Lichtkegel ins Dunkel. „Habt ihr ein Parkplatzproblem in Fürth?“, erkundigt sich die Musikkabarettistin mitfühlend. „Also, mir wär’ das hier jetzt echt total peinlich.“

Kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen. Martina Schwarzmann strahlt auf eine Weise selbstbewusste Gelassenheit aus, die neidisch macht. Die dunklen Haare hat sie stracks zurückgekämmt, ihr Gesicht wird von der markanten dunklen Brille dominiert. Die rote Strickjacke und der blumige Kaftan stammen vom Flohmarkt, behauptet die Anti-Shopping-Queen und bedauert bloß, dass in Todesanzeigen nicht generell Konfektionsgröße und Gewicht der Verblichenen angegeben werden. Im Falle einer Übereinstimmung könne man dann praktischerweise den ganzen Krempel übernehmen.

Das ist ein feines Beispiel für die Schwarzmann’sche Weltsicht. Auf geradem Weg schreitet sie über den Pfad der Logik und landet unvermutet im schönsten Aberwitz. Bei ihr wird der Alltag zum Abenteuerspielplatz, und die Frage, ob Unterhosen gebügelt werden sollten, eröffnet das weite Feld des vernünftigen Wahnsinns. Ihre Lust am Fabulieren hat etwas Unwiderstehliches und ist beileibe nicht planlos. Stattdessen beherrscht die 36-Jährige die hohe Kunst des Perspektivenwechsels perfekt.

Nie lässt sie sich dabei ertappen, einen flachgetrampelten Standpunkt einzunehmen. Viel lieber schaut sie sich das Leben, so wie wir alle es kennen, mal von einem unerwarteten Blickpunkt aus an und erkennt prompt, dass es sich zum Beispiel nicht lohnt, die Krümel, die der Nachwuchs bei den Mahlzeiten unter sich rieseln lässt, gleich aufzukehren. Besser, man lässt den Dreck eine Weile liegen: „Mit der Fußbodenheizung kann man auf diese Weise prima Bananenchips herstellen.“

Verknüpfungen docken in ihren Gedanken ganz augenscheinlich an ungewöhnlichen Stellen an. Das ist ein Glück und macht ihre Überlegungen uneingeschränkt originell. Martina Schwarzmann bringt Geschichten aus einer plattitüdenfreien Zone, und vielleicht ist es genau das, was sie so erfolgreich macht.

Selbstverständlich sind da noch ihre Lieder. Die Frau hat schließlich ihre Gitarre dabei, auch wenn sie mit entwaffnender Offenheit anmerkt, dass ihre Songs alle irgendwie ähnlich klingen. Wen stört’s? Dafür sind die Texte, die sie mit ihrer schnörkellosen, klaren Stimme vorträgt, feinziseliert und wunderbar hintersinnig.

Zwischendrin lässt sie „einen Praktikanten“ ans Mikrofon („Ich leih‘ dir mein Publikum“). Mathias Kellner übernimmt für zwei Songs, Zeit genug für den Beweis, dass er längst im Könner-Stadium angelangt ist. Sein „Hädidadiwari“ überzeugt, und dann gelingt es ihm auch noch, das reglos lauschende Auditorium zu einer Choreinlage zu bewegen. Was in diesem Fall alleine schon von fortgeschrittenen Fähigkeiten spricht.

Die mit zahlreichen Kabarettpreisen ausgezeichnete Gastgeberin wird anschließend weiter plaudern und singen, so absichtslos und locker, wie es nur den ganz großen Könnern gelingt. Sie wird keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass sie sich nicht zu postmoderner Vielmacherei verleiten lässt („Multitasking ist ein Riesenscheißdreck“), aber ganz nebenbei ihre Merchandise-Ware anpreisen. Es handelt sich um Küchenhandtücher. Oder wie sie sagt: „Gschirrdiache.“ Überwältigend praktisch ist das eine wie das andere.

Später irgendwann gibt es dann keinen Zweifel mehr. Martina Schwarzmanns Mission ist erfüllt. Der Abend hat gscheid gfreid.

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