Migration in Bildern und Geschichten

5.1.2012, 09:00 Uhr
Migration in Bildern und Geschichten

© Peter Romir

„Ich bin 100 Prozent Koreaner – und das, obwohl ich seit sechs Jahren hier bin“, schreibt der 15-jährige Ji-Seung. „Koreanisches Essen, koreanische Filme, koreanische Comics... Obwohl? Zum Frühstück essen wir doch lieber Brötchen statt Reis.“

Ji-Seungs Geschichte findet sich in der Ausstellung „Zwei Welten“. Zusammen mit Porträts und Erinnerungen weiterer Migranten im Alter zwischen 15 und 20 Jahren.

Eineinhalb Jahre lang arbeitete die Fotodesignerin Annet van der Voort an dieser Ausstellung, die im Foyer des Oberasbacher Rathauses zu sehen ist. Eine Herzensangelegenheit, denn als in Deutschland lebende Niederländerin kennt sie die Mischung aus Heim- und Fernweh, die Migranten empfinden, bestens.

Zufallsbegegnungen

Ihre jungen Modelle traf sie zufällig in der Fußgängerzone, wobei es besonders deren Lebensfreude war, die die Künstlerin anzog. Über 50 Porträts entstanden so, von denen die Ausstellung gut die Hälfte zeigt.

Dabei durften sich die Modelle aussuchen, wie sie fotografiert werden: Schwarz-Weiß oder Farbe und vor welchem Hintergrund. Nur eines war vorgegeben: Es durfte nicht gelacht oder gelächelt werden: „Denn dann zeigt sich die Persönlichkeit und das Wesen des Menschen besser“, so van der Voort. Zu jedem Bild entstand ein Text über die persönlichen Erfahrungen der Jugendlichen, den diese mit Unterstützung der Künstlerin selbst verfassten. „Ein Panorama von Lebensläufen und Lebensentwürfen“, nennt Birgit Huber, Bürgermeisterin Oberasbachs das. „Eine solche Dokumentation ist wichtig – bedeutet Migration doch oft den Verlust von Sprache, Heimat und Identität.“

Und doch ist Migration alltäglicher als manche glauben. Das belegt der Historiker Steven Zahlaus in seinem Vortrag „Zuwanderung in den Großraum Nürnberg im 19. und 20. Jahrhundert“, der die Ausstellungseröffnung mit erstaunlichen Zahlen ergänzte: Ein Drittel der Weltbevölkerung ist derzeit in Bewegung. In Deutschland hat jeder fünfte Mensch ausländische Wurzeln.

„Auch viele Oberasbacher haben einen Umzug hinter sich“, erklärt Gerhard Hable von der Volkshochschule. „Die Vorstellung von ,Wir‘ auf der einen und ,die Fremden‘ auf der anderen Seite funktioniert deshalb schon lange nicht mehr.“ Und Migration ist ja keine einseitige Sache: „Viele Menschen verlassen auch Deutschland.“Auch Ji-Seung will eines Tages wieder nach Südkorea: „Irgendwann später ziehen wir zurück, das ist sicher. Ich freue mich schon. Aber die Brötchen werden mir fehlen.“

Die Ausstellung „Zwei Welten“ ist noch bis 4. Januar im Rathaus Oberasbach zu sehen. Ab dem 9.Januar gastiert sie in der Volkshochschule Fürth, Hirschenstraße 27. Das Begleitbuch zur Ausstellung ist im Wachter Verlag erschienen.

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