Mit 3D-Brille im OP

23.4.2012, 09:00 Uhr
Mit 3D-Brille im OP

© Horst Linke

Das Schauspiel mutet futuristisch an. Zwei Ärzte operieren und tragen dabei 3D-Brillen, wie man sie bislang nur aus dem Kino kennt. „Sehen Sie“, sagt der eine und weist auf den großen Bildschirm, „wie gut man in die Tiefe sehen kann? Das ermöglicht viel mehr Präzision.“

Zum Termin mit der Presse operiert Andreas Blana freilich keinen Menschen; der Chefarzt der Urologie am Fürther Klinikum hantiert lediglich an einem Übungskasten, der die menschliche Bauchhöhle simulieren soll. Dennoch: Auch hierbei ist ihm die Begeisterung für sein Handwerk deutlich anzumerken.

Seit Blanas Amtsantritt im Jahr 2009 kommt in der Urologie am Klinikum fast ausschließlich die „Schlüsselloch-Chirurgie“ zum Einsatz: Der Arzt operiert durch kleine Schnitte, eine Kamera ersetzt sein Auge und überträgt die Bilder aus dem Inneren eines Körpers auf ein Fernsehgerät. Laut Blana ist diese Methode schonender als ein großer Unterbauchschnitt. Der Patient werde schneller fit, die Liegezeit im Krankenhaus sei kürzer und das Blutungsrisiko während des Eingriffs geringer.

Seit fast drei Jahren dürfen die Fürther Urologen bei den Operationen auf Bildschirme mit HD-Qualität blicken, bislang allerdings in zweidimensionaler Darstellung. Jetzt ist man einen Schritt weiter und hat sich für 150000 Euro — nach eigenen Angaben als erstes Krankenhaus Deutschlands — modernste Technik zugelegt: Neue Kameras ermöglichen dreidimensionales Operieren.

Bis vor kurzem, so Blana, sei diese Technik noch nicht ausgereift gewesen. Erst mit dem 3D-Boom im Kino hätten sich viele gefragt, warum geht das nicht auch im OP-Saal? Drei Firmen hätten sich zuletzt bei ihrer Entwicklungsarbeit „regelrecht hochgeschaukelt“. Anfang des Jahres testeten Blana und seine Kollegen über mehrere Wochen verschiedene Systeme und griffen schließlich zu.

Natürlich sei es schön, als erste deutsche Klinik diese Technik einzusetzen, sagt Blana. Ausschlaggebend für die Investition sei das aber nicht gewesen. Blana schwärmt vielmehr vom besseren Bild und der räumlichen Vorstellung. „Das ist ein Riesenunterschied.“ Gerade bei einer Prostata-Entfernung sei höchste Präzision gefragt, damit der Patient nach dem Eingriff weiterhin sein Wasser halten sowie sexuell aktiv sein kann.

Blana geht davon aus, dass andere Häuser in Kürze nachziehen und die 3D-OP bald Standard sein werde, auch in Feldern wie der Gynäkologie oder der Chirurgie. In der nächsten Entwicklungsstufe, so Blana, seien vielleicht gar keine Brillen mehr für die räumliche Darstellung nötig.

Nach seinen Worten werden in der Urologie am Klinikum, das sich inzwischen mit dem Titel Prostata-Zentrum schmücken darf, jährlich über 2000 Operationen an den Nieren, Harnleitern und der Prostata durchgeführt. Bei rund 300 werde künftig die neue Technik eingesetzt.

Trotz der hohen Anschaffungskosten musste Blana im Krankenhaus nicht lange betteln. Er habe dem Einkaufsleiter einfach die Technik vorgeführt. Blana: „Der hat früher selbst operiert — und war sofort begeistert.“

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