Mit der Rosskastanie auf Du und Du

17.8.2016, 13:00 Uhr
Mit der Rosskastanie auf Du und Du

© BN

„Fernglas, Maßband, unter Umständen einen Hammer und natürlich der Computer.“ Christian Hofmann zählt auf, was er mitnehmen muss, wenn er sich zur Baumkontrolle in Stein aufmacht. Einer Aufgabe, der der gelernte Landschaftsgärtner in der Stadtgärtnerei mit spürbarem Engagement nachkommt. „Ich trage ja zuerst einmal die Verantwortung, das heißt, ich muss wirklich auf alles achten.“

Bei den regelmäßig anstehenden Begutachtungen prüft er nicht nur in bestimmten Intervallen, ob ein Baum an Umfang zugelegt hat. Er schaut auch nach – wenn es sein muss, mit dem Fernglas – was sich hoch oben in der Krone tut. Altholz und Risse im Stamm interessieren ihn. Oder er klopft einmal an die Rinde, um in einem ersten Test zu erforschen, was sich möglicherweise dahinter verbirgt. „Natürlich geht es auch darum, ob sich etwa schädliche Pilze angesiedelt haben.“

Fit gemacht für seinen Einsatz hat den 31-Jährigen nicht zuletzt sein Lehrgang zum European Tree Worker an der Nürnberger Schule in Altdorf. Dieser Abschluss wird gegenwärtig in 21 europäischen Ländern anerkannt. Den Absolventen werden alle wesentlichen Arbeiten „am und im Baum unter Berücksichtigung des Natur-, Umwelt- und Unfallschutzes unter Anleitung“ vermittelt. Hofmann lobt: „Das war wirklich richtig gut, alles wurde ganz genau erklärt, und Fachleute haben draußen gezeigt, wie unterschiedliche Aufgaben gehandhabt werden.“ Mit der erfolgreichen Prüfung ist er nun auch „FFL-Zertifizierter Baumkontrolleur“. Mit diesem Titel der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung und Landschaftsbau (FFL) werden die notwendigen Fertigkeiten und Kenntnisse bestätigt.

Erfahrung gefragt

Zur Ausbildung muss sich nun Erfahrung gesellen. Hofmann ist sich sicher: „Mit der Zeit bekommt man ein gutes Baumgefühl.“ Sein Vorgesetzter, Jörg Jaroszewski, Fachagrarwirt und in der Stadtgärtnerei verantwortlich für die städtischen Bäume, sieht sich die Kontrollergebnisse an, geht in besonderen Fällen mit vor Ort. Zur weitergehenden Prüfung setzt Jaroszewski dann unter Umständen auch ein Gerät zur Bohrwiderstandsmessung ein, mit dessen Unterstützung morsches Holz oder Höhlungen erkannt werden können.

Mit der Rosskastanie auf Du und Du

© Foto: Sabine Rempe

„Wir wollen jeden Baum, solange es nur geht, erhalten“, macht Jörg Jaroszewski das Ziel klar. Neben dem Pflanzen und Pflegen ist eben auch die Sanierung wesentlich. Wenn es unumgänglich geworden ist, dann wird während der Wintermonate geschnitten. In der warmen Jahreszeit geht der Schutz brütender Vögel vor. „Es sei denn, wir müssen verkehrssichernde Maßnahmen ergreifen, das kann das ganze Jahr über gemacht werden.“ Nötig werden solche Einsätze, damit es zum Beispiel nicht zu schlimmstenfalls schweren Unfällen mit abbrechenden Ästen kommt.

Bäume sind vielen Menschen ans Herz gewachsen und prägen das Stadtbild. In der Stadtgärtnerei ist dank eines digitalen Baumkatasters jeder Einzelne bekannt und mit einer Nummer versehen worden. Für die eindeutige Identifizierung sorgen darüber hinaus GPS-Koordinaten.

Vor Ort trägt Christian Hofmann seine Kontrollergebnisse direkt in einen Computer ein, den er während der Kontrollen bei sich trägt. So weiß man genau über jeden der derzeit 5344 Bäume Bescheid, die auf öffentlichem Grund stehen.

Hofmann demonstriert das System und führt auf dem Bildschirm vor: „Hier haben wir zum Beispiel eine Rosskastanie in Deutenbach.“ Rubrik für Rubrik gibt es Auskunft über Alter, Größe, etwaigen Pilzbefall, andere mögliche Krankheiten oder Pflegemaßnahmen.

Traditionell gedeihen in Stein vor allem Eiche, Kiefer, Ahorn. Die Zukunft wird allerdings anderen Bäumen gehören. „Wir machen mit bei dem Projekt ,Stadtgrün 2021‘ der Bayerischen Landesanstalt in Veitshöchheim, dort geht es um die Erprobung zukunftsträchtiger Arten, die dem Klimawandel trotzen können“, erklärt Jaroszewski. Vielleicht werden also Hopfenbuchen aus Südosteuropa oder Nordamerikanische Roteschen in kommenden Zeiten bei uns heimisch.

Nicht nur für Christian Hofmann ein spannendes Thema. Das gesamte Spektrum seiner Arbeit interessiert ihn. Manchmal auch in der Brotzeitpause. Er zieht ein Buch hervor: „,Das geheime Leben der Bäume‘, das hat mir mein Großvater geschenkt.“ Mit dem Autor ist er nicht in jedem Punkt einer Meinung. Trotzdem. Die Lektüre passt.

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