Mit einer Portion Spaß lässt sich Stress aushalten

5.5.2014, 06:00 Uhr
Mit einer Portion Spaß lässt sich Stress aushalten

© Hans-Joachim Winckler

 

Mit einer Portion Spaß lässt sich Stress aushalten

© Hans-Joachim Winckler

Wenn vom Fürther Rathausturm kurz nach 12 Uhr das Glockenspiel Led Zeppelins „Stairway to Heaven“ herunter bimmelt, dann belebt sich innerhalb kürzester Zeit die Fußgängerzone: Wer jetzt Mittagspause hat, ist unschwer zu erkennen – am eiligen Schritt. Die kurze Freizeit wird genutzt für rasche Einkäufe, nicht wenige essen, während sie im Laufschritt ihre Besorgungen machen.

Ingrid Totzauer schiebt ihr mit Taschen bepacktes Fahrrad zügig durch die Schwabacher Straße. Das passt zwar ins Bild, aber sie sagt: „Ich empfinde mein Leben und die Arbeit nicht als zu stressig.“ Sie ist verheiratet, Mutter von drei Kindern und arbeitet in Teilzeit. „Für mich zählt, dass mir das alles Spaß macht. Außerdem bin ich das Arbeiten gewöhnt, ich kenne es nicht anders.“

Mit 15 begann für die 50-Jährige das Berufsleben in der Gastronomie. „Das hat mir nicht geschadet.“ Was ihr auffällt, ist etwas anderes. „Damals gab es rund zehn Mark in der Stunde, das bekommt man heute bei weitem nicht in Euro – abgesehen davon waren die zehn Mark mehr wert als zehn Euro. Du hast einfach mehr dafür bekommen.“

Schlechtes Klima

Und noch ein Punkt gibt ihr zu denken. „Ich glaube, dass Phänomene wie Überanstrengung oder gar Burnout weniger von zu viel Arbeit kommen, sondern auch von schlechtem Klima der Leute untereinander. Wenn sich Kollegen das Leben schwer machen und nicht zusammenhalten, dann wächst die Belastung.“

Verstehen kann sie auch, dass so mancher Arbeitnehmer das Gefühl hat, problemlos auswechselbar zu sein. „Da bedrängt einen wahrscheinlich der Gedanke, dass irgendwo schon drei andere stehen und den Job für weniger Geld machen wollen, weil sie müssen.“

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Spaß an seiner Aufgabe, sagt Werner Kalb, hat auch er. Der 58-Jährige, der ebenfalls gerade in flottem Tempo durch die Fußgängerzone eilt, ist als persönlicher Mitarbeiter von Oberbürgermeister Thomas Jung tätig, seine Arbeitstage dauern im Schnitt zehn Stunden. „Aber ich fühle mich nicht überlastet“, versichert er. „Im Gegenteil, ich bin mit meinem Job ausgesprochen zufrieden.“

Im Mittelpunkt stehen für ihn Fragen und Eingaben von Bürgern, die sich mit ihren Anliegen an den OB wenden. Kalb koordiniert dann, welcher Fachbereich beziehungsweise welche Dienststelle sich des Problems annimmt. „Das ist eine sehr vielfältige Angelegenheit.“ Im Lauf seines Berufslebens, in das er mit 16 Jahren bei der Stadt einstieg, hat er gelernt, dass man „sich zwar ab und zu ein bisschen wundert, aber selbstverständlich seinen Emotionen nicht freien Lauf lassen darf und stets für die Beurteilung auch den Hintergrund einer Anfrage betrachten sollte“. Noch eine Frage, so ganz unter uns: Wie ist der OB denn als Chef? „Er ist im großen Ganzen sehr, sehr angenehm, sehr umgänglich. Er fordert viel von seinen Mitarbeitern, dabei ist er aber immer sehr motivierend“, lobt Werner Kalb. Im Rathaus ist die Stimmung also stets sonnig? „Eine Ausnahme gibt es tatsächlich: Wenn es im Interesse des Bürgers nicht so läuft, dann kann er ärgerlich werden.“

Sonnige Stimmung zu verbreiten, gehört für Marcel Gasde quasi zum Job. Der 44-Jährige ist einer der vier Geschäftsführer der Comödie Fürth und schüttelt erstmal den Kopf beim Thema Stress. „Bis vor kurzem sah das etwas anders aus, da hatte ich tatsächlich eine Doppelbelastung.“ Neben seinen üblichen Aufgaben stand er zusätzlich jeden Abend auf der Bühne, um im Erfolgsschwank „Pension Schöller“ als schneidiger Major zu agieren.

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Die nächste Herausforderung, die ihn derzeit beschäftigt, ist sportlicher Natur. „Die Comödie wird vom Viertelfinale an jedes Spiel der Fußball-Weltmeisterschaft auf der Freiheit zeigen.“ Fürs Public Viewing steht dort dann eine große LED-Leinwand, die so platziert werden soll, dass möglichst jeder eine Top-Sicht auf die Spiele hat.

Lange Fahrt

Überlastung, so Gasde, spüre er allerdings auch bei diesem Projekt nicht. Ganz im Gegenteil. „Ich habe damals Zivildienst gemacht, den habe ich verlängert, und jetzt betreue ich nebenbei noch zwei ältere Damen . . .“ Ähm, klar. Da sind Waltraud und Mariechen sicher dankbar.

Für Jennifer Haas beginnt jeder Arbeitstag mit einer Zugfahrt. „Ich wohne in Roth und pendle, eine Tour dauert eineinviertel Stunden“, erklärt die Erzieherin, die im Mehrgenerationenhaus Mütterzentrum in Vollzeit beschäftigt ist. Die Bahnfahrt versucht die 29-Jährige sinnvoll zu nutzen. „Ich lese, abends bin ich meistens so geschafft, dass ich manchmal sogar einschlafe.“ Oft ist der Zug allerdings so voll, dass es keinen Sitzplatz mehr gibt. Hellwach sein muss sie auch beim Umsteigen; dafür bleiben ihr exakt zwei Minuten.

Wenn die junge Frau, die in sechs Wochen heiratet, noch etwas erledigen will, muss sie sich sputen. Zweimal in der Woche stehen für sie sowieso Termine an, die sie aus gesundheitlichen Gründen wahrnehmen muss. „Daheim ist anschließend der Haushalt dran.“

Ein Alltag, den Jennifer Haas den „ganz normalen Rhythmus mit einer 38,5-Stunden-Woche“ nennt. Und sie gibt zu: „Es ist anstrengend.“ Die Arbeit mit den Kindern, die Verantwortung, die sie dabei trägt, hat selbstverständlich viele positive Seiten: „Ich würde das nicht machen, wenn ich nicht gern hier arbeiten würde.“

Zeit für Hobbys oder spontane Unternehmungen bleibt freilich nicht: „Feierabend heißt für mich: Ich setze mich vor den Fernseher und schlafe ein.“

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