Multitasking: Eine Kunst, die gelernt sein will

16.12.2014, 13:00 Uhr
Multitasking: Eine Kunst, die gelernt sein will

© dpa

„Jeder, der ein Fahrzeug bewegt, muss mehrere Dinge gleichzeitig tun“, sagt Dirk „Koppi“ Kopitza, Fahrlehrer bei der Fürther Fahrschule Schäfer. „Man beobachtet, reagiert, führt mit Händen und Füßen unterschiedliche Aktionen aus.“ Wer an der roten Ampel ins Nachbarauto schaut, weiß aber, dass mancher einiges mehr erledigt, wenn er am Steuer sitzt. „Am Radio mit einem Griff den Sender verstellen, das geht grundsätzlich in Ordnung“, sagt der 42-Jährige. „Beim Warten vor der Ampel eine andere CD einlegen, ist auch noch okay. Wenn jemand mit 130 auf der linke Autobahnspur fährt, verbietet sich das.“

Der Griff zum Handy ist ohnehin verboten. Und wer es doch tut? „Seit das neue Punktesystem eingeführt wurde, ist der Führerschein für notorische Handynutzer einfach schneller weg.“ Beim alten wie beim neuen Punktesystem koste das Handy einen Punkt, erklärt Kopitza. Früher sei der Führerschein bei 18 Punkten fällig gewesen, jetzt aber schon bei acht.

Kopitza selbst beweist beim Telefonat mit den FN echte Multitasking-Qualitäten: „Ich stehe gerade am Herd und backe Pfannkuchen für meine beiden Kinder, im Moment sieht’s in der Pfanne ganz gut aus.“ Normalerweise bearbeitet er aber lieber eine Aufgabe nach der anderen. „Frauen sind da anders gestrickt“, glaubt der Fahrlehrer, der seinen Schülern unter anderem in Theorie und Praxis beibringt, wie Auto, Motorrad, Lkw oder Traktor gelenkt werden. Hat er ein Beispiel für die weiblichen Doppel-Fähigkeiten? „Ja, wenn meine Frau sich mit ihrer Freundin unterhält, dann reden beide gleichzeitig und verstehen sich trotzdem perfekt. Das wäre für mich unmöglich.“

Irmgard Kleinert sieht das ähnlich. „Multitasking ist etwas für Frauen“, sagt die 79-Jährige spontan. Sie ist Vorsitzende des Clubs der aktiven Hausfrauen in Veitsbronn und weiß: „Manch eine kann beim Telefonieren problemlos nach Anleitung stricken oder während des Fernsehens telefonieren.“

Neurowissenschaftler und Arbeitspsychologen bestreiten, dass man eine Vielzahl von Aufgaben wirklich synchron erledigen kann. Stattdessen wechsle das Gehirn rasant zwischen den Tätigkeiten hin und her, die Aufmerksamkeit werde also ständig verlagert. Eine Untersuchung an der University of California in Los Angeles legt den Schluss nahe, dass man diese Kunst, sich auf verschiedene Aktivitäten zu konzentrieren, tatsächlich üben kann.

Permanent mehrere Aufgaben simultan zu bewältigen, gehört für Thomas Weißmann quasi zum Berufsbild. Der Koch, Gastronom und Hotelbetriebswirt, der „Weißmanns Krone“ in Burgfarrnbach führt, beschreibt eine typische Situation: „Das Fleisch für zwanzig Personen soll rosa gebraten werden, einer kommt rein und möchte einen Tisch für Januar bestellen, man fragt im Restaurant an den Tischen, ob das Essen so passt, plant im Hinterkopf den nächsten Gang, damit niemand lange warten muss, im gleichen Moment treffen neue Gäste ein, die man begrüßt . . .“

Wie lernt man das? „In langen Lehrjahren mit vielen Fehlern, die man gerne machen muss, sonst wird man niemals gut“, sagt der 51-Jährige und lacht gut gelaunt. „Wichtig ist auch, dass man das Wissen nicht einfach für die Kenntnis sammelt, sondern fürs Handeln.“ Womit sich Thomas Weißmann übrigens nicht beschäftigt, das sind Gedanken an ein entspannteres Leben. „Die Gastronomie muss man leben und das tue ich. Ich würde diesen Beruf immer wieder ergreifen.“

Schaum in der Wanne

Melanie Plevka aus Langenzenn hat vier Töchter, sie ist berufstätig und engagiert sich in mehreren Ehrenämtern. 16, 14, 12 und 8 Jahre sind die Mädchen alt. Wenn die 38-Jährige an die Jahre denkt, als ihre Kinder kleiner waren, sagt sie: „Das ging gut.“ Normale Familienzeit konnte dann so aussehen: „Hausaufgaben beaufsichtigen, zuhören, Essen kochen, Nasen putzen, mitspielen, beim Schuhe anziehen helfen.“ In einem Aufzug natürlich.

In ihrer Freizeit ist Melanie Plevka in Elternbeiräten und Fördervereinen aktiv, seit diesem Jahr ist sie Stadträtin in Langenzenn. Multitasking zu jeder Zeit ist für die aktive Frau keine perfekte Lösung. „Ich musste lernen, dass man auch mal sagen darf: ,Nein, es geht jetzt nicht.‘ Sonst raubt man sich die Kraft.“ Gibt es denn Momente, die nur ihr ganz allein gehören? Melanie Plevka verrät: „Mit viel Schaum in der Badewanne sitzen, das mache ich ab und zu total gerne.“

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