Mutter kämpft für Kinder mit Behinderung

19.6.2012, 09:00 Uhr
Mutter kämpft für Kinder mit Behinderung

© Joachim Sobczyk

Karina Tiefel hat einen Sohn, der vor eineinhalb Jahren mit der Genmutation Trisomie 21 auf die Welt gekommen ist. Das sogenannte Down Syndrom hat Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung. So kann Tiefels Sohn Mike etwa noch nicht laufen. Die Betreuung von Down-Syndrom-Kindern erfordert deshalb einen größeren Aufwand als die von Kindern ohne Genmutation.

Gleichwohl werden bei Bedarf die Kosten für einen Platz in der Krippe und im Kindergarten von der öffentlichen Hand übernommen. Das ist gesetzlich geregelt. Keine derartige Regelung gibt es bislang jedoch für Tagesmütter. Auf die wiederum sind Mütter wie Karina Tiefel angewiesen, wenn Krippen und Kindergärten kurzfristig keine freien Platzkapazitäten haben.

Im Laufe des vergangenen Jahres hat sich die Veitsbronnerin entschieden, wieder als Teilzeitkraft berufstätig zu werden. Sie fand auch prompt eine Stelle im Landkreis Neustadt/Aisch. Bei einer Wartezeit von zwei Jahren für einen Krippenplatz in der Nähe kam nur eine Tagesmutter infrage. Die werden für den Fürther Landkreis zentral vom Familienbüro in Stein vermittelt.

414 Euro verlangt die Tagesmutter für die Betreuung bei 20 Wochenstunden. Erstattet werden vom Jugendamt jedoch nur 129 Euro. Die Mehrkosten resultieren aus den höheren Anforderungen an die Tagesmutter. Abzüglich eines Zuschusses der Gemeinde muss die Veitsbronnerin nun monatlich 286 Euro für die Tagesmutter aufbringen. Hinzu kommen die Spritkosten für die Fahrten zur Arbeitsstelle. Kein Wunder, wenn sich für Karina Tiefel die Frage aufdrängt, ob es sich da überhaupt noch lohnt, zu arbeiten.

Rückendeckung in der schwierigen Lebenssituation gibt der jungen Mutter die Fürther Thomas-Benjamin-Kinle-Beratungsstelle für Menschen mit Down Syndrom in der Erlanger Straße 50. „Die lückenlose Betreuung muss für Kinder mit Behinderung genauso gewährleistet sein, wie für Kinder ohne Behinderung“, fordert Anita Kinle, die Initiatorin der Einrichtung. Immer wieder muss sie feststellen, dass es gerade in weniger wohlhabenden Familien noch große Versorgungslücken gibt. Dies wiederum ist der Hauptgrund für die ehrenamtliche Arbeit der Fürther Servicestelle. Das finanzielle Fundament bildet eine Stiftung für Menschen mit Down Syndrom.

Auf Landesebene diskutiert

Während Mehrkosten für die Betreuung eines Kindes mit Behinderung in Krippen und Kindergärten über den Bezirk Mittelfranken abgerechnet werden, ist eine entsprechende Regelung für Tagesmütter noch Fehlanzeige. Schon im vergangenen Jahr hat Karina Tiefel einen Antrag zur Übernahme der Zusatzkosten für ihre Tagesmutter gestellt. Nach einem langwierigen Hin und Her wurde der Antrag jetzt abgelehnt. Bezirkstagspräsident Richard Bartsch will sich auf Anfrage der Fürther Nachrichten zum konkreten Fall nicht äußern, räumt jedoch ein, dass über das Anliegen inzwischen auf Landesebene diskutiert wird. Bartsch: „Es geht nicht ums Geld, sondern um den gesetzlichen Anspruch.“

Karina Tiefel weiß inzwischen, dass sie nicht die einzige Mutter ist, die unter der Ungleichbehandlung leidet, und möchte die Problematik jetzt stellvertretend für alle Betroffenen vor dem Sozialgericht ausfechten. Am Rande geht es dabei auch um die vielfach mangelnde Qualifikation von Tagesmüttern für den Einsatz unter erschwerten Bedingungen.

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