Nach der Bundestagswahl: Entsetzen in Fürth

25.9.2017, 06:00 Uhr
Nach der Bundestagswahl: Entsetzen in Fürth

© Thomas Scherer

Die CSU bleibt im Wahlkreis zwar dominierende Kraft, Christian Schmidt sicherte sich zum achten Mal in Folge das Direktmandat - allerdings weit weniger souverän als bei den vorherigen Urnengängen.

Das Zitat des Abends darf Fürths Bürgermeister und Schulreferent Markus Braun (SPD) für sich reklamieren: "Ein Alptraum jagt den nächsten", ächzt er, als er im städtischen Wahlamt im Ämtergebäude Süd mit der ersten Ergebnis-Prognose im TV konfrontiert wird. Gemeint ist damit: erst die bittere Heimniederlage der Spielvereinigung im Derby, dann der historische Absturz der SPD bei Bundestagswahlen.

Den anwesenden Genossen ist die Fassungslosigkeit ins Gesicht gemeißelt, Oberbürgermeister Thomas Jung spricht von einem "nie für möglich gehaltenen Tiefpunkt" und erteilt - wie alle anderen führenden Genossen der Kleeblattstadt - einer weiteren Großen Koalition eine klare Absage.

Selbst in der SPD-Hochburg Fürth kamen die Sozialdemokraten nur auf 20,9 Prozent (2013: 28,6), im gesamten Wahlkreis, der neben der Stadt und dem Landkreis Fürth den Landkreis Neustadt-Bad Windsheim umfasst, gar nur auf 18,8 Prozent (2013: 25,2).

Im Osten der Stadt, bei der Wahlparty der örtlichen CSU, darf sich deren Direktkandidat Christian Schmidt zwar Sieger nennen - doch echte Freude sieht anders aus. "Diejenigen, die wir erreichen wollten, haben wir anscheinend nicht erreicht", konstatiert der Bundeslandwirtschaftsminister und spricht von einem "Denkzettel" der Wähler. 35,2 Prozent fuhr die CSU im Wahlkreis ein - gegenüber 42,8 vor vier Jahren.


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Auch das eigene Ergebnis des in der Vergangenheit erfolgsverwöhnten CSU-Mannes ist eher ernüchternd. 39,9 Prozent stehen für den 60-Jährigen zu Buche, 2013 waren es noch stolze 49,2. Nachdem sein SPD-Kontrahent Carsten Träger 2013 noch 27,1 Prozent ergattern konnte, reichte es diesmal (22,9 Prozent) wegen des bundesweit niederschmetternden Ergebnisses der SPD für den 43-Jährigen, der auf der Landesliste der SPD nur auf Platz 19 stand, nicht für einen erneuten Einzug ins Berliner Parlament. Gewissheit hatte er lange nicht.

Dem Grünen-Abgeordneten des Wahlkreises Fürth, Uwe Kekeritz, hingegen ist der weitere Verbleib in Berlin sicher. Das Grünen-Ergebnis fiel etwas besser aus als allgemein erwartet, zudem steht Kekeritz auf dem sehr guten Platz vier der Liste für den Freistaat.

Über ihr Parteiergebnis vor Ort - 10,4 Prozent im Wahlkreis, 11,9 in der Stadt - dürften die Grünen ebenfalls hocherfreut sein, ebenso wie Linke und FDP, die ihre Anteile annähernd verdoppelt haben. Hinsichtlich einer Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen allerdings zeigt sich Kekeritz überaus skeptisch. Er plädiert für eine Minderheitsregierung aus Union und FDP.

"Geschmackloser Wahlkampf, rechtsextreme Thesen"

Während die örtliche AfD sich trotz des starken Ergebnisses nicht gänzlich zufrieden präsentierte, sorgte der Aufschwung der Rechtspopulisten bei der Konkurrenz für Entsetzen. Dass man 13 Prozent der Stimmen in Deutschland "mit einem geschmacklosen Wahlkampf und rechtsextremen Thesen" einfahren könne, sei für ihn "unfassbar", sagte etwa Carsten Träger den FN.

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