Nach Schlägerei im Wald: „Wenn ich in den Wald will, muss der Hund gehorchen“

29.8.2015, 06:00 Uhr
Nach Schlägerei im Wald: „Wenn ich in den Wald will, muss der Hund gehorchen“

© Foto: Thomas Scherer

Gewalt unter dem Hochsitz, wurden Sie damit selbst schon einmal konfrontiert, Herr Schulte?

Walter Schulte: Dass eine Situation derart eskaliert, das habe ich persönlich noch nie erlebt. Wenn, wie im vorliegenden Fall, der Hundehalter schon mehrfach vergeblich aufgefordert wurde, sein Tier anzuleinen, ist es schon legitim, auf mögliche Konsequenzen hinzuweisen.

Wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit Hundebesitzern?

Schulte: Es gibt natürlich Ausnahmen, aber ich würde sagen, 80 Prozent reagieren verständnisvoll, wenn man ihnen die Problematik vernünftig erläutert.

Gehört die Vermittlung in solchen Konfliktfällen zu Ihren Aufgaben als Jagdberater?

Schulte: Nein, das müssen die Beteiligten unter sich regeln. Ich berate das Landratsamt, aber auch die Stadt Fürth, in jagdlichen Fragen.

Sind freilaufende Hunde in der Tat ein Problem?

Schulte: Es kommt häufig vor. Ich kenne keines der rund 60 Reviere im Landkreis, in denen das nicht schon der Fall war. Man erhält auch immer wieder Hinweise von Landwirten, dass ein Hund allein unterwegs ist. Erst kürzlich wurde in Wachendorf ein Rehkitz mit deutlichen Bissspuren in einem Garten tot aufgefunden. Der Zaun war einen Meter hoch, da springt ein Tier normalerweise nicht freiwillig drüber.

Wie sieht die juristische Situation aus?

Schulte: Generell können sich Menschen zu jeder Tag- und Nachtzeit in der Natur bewegen. Hundehalter müssen aber zwei wesentliche Dinge beachten. Läuft ein Hund frei außerhalb des Einwirkungsbereichs seines Herrn herum, handelt es sich laut Bayerischem Jagdgesetz bereits um eine Ordnungswidrigkeit. In vielen Kommunen gibt es außerdem den Leinenzwang. In Wilhermsdorf etwa müssen Hunde ab 50 Zentimeter Schulterhöhe an die Leine, und das nicht nur im Bereich der Bebauung, sondern im gesamten Gemeindegebiet.

Was meint die Formulierung „außerhalb des Einwirkungsbereichs?“

Schulte: Das ist der Fall, wenn man den Hund nicht mehr sieht oder hört und er auf Pfiffe oder Rufe nicht mehr reagieren kann – ob er folgsam ist, steht noch auf einem ganz anderen Blatt.

Und dann?

Schulte: Stellt das Tier erkennbar dem Wild nach – der Hund muss es nicht einmal erwischen –, ist der Jäger gesetzlich verpflichtet, den sogenannten Jagdschutz auszuüben. Dazu gehört auch die Befugnis, wildernde Hunde oder Katzen zu töten.

Mussten Sie das schon einmal tun, beziehungsweise standen Sie schon einmal vor einer solchen Entscheidung?

Schulte: Ich gehe seit fast 40 Jahren auf die Jagd und war noch nie in einer solchen Situation. Bei mir persönlich ist die Reizschwelle auch sehr hoch. Auch wenn ein Hund beispielsweise ein Reh gerissen hat, würde ich nicht schießen, sondern versuchen, den Halter herauszufinden.

In einem flächenkleinen und dicht besiedelten Gebiet wie dem Fürther Landkreis ist der Freizeitdruck hoch. Sind Hundehalter, Jogger, Radfahrer und Reiter für den Jäger Störfaktoren?

Schulte: Ganz sicher nicht. Der Druck ist natürlich da, aber jeder soll die Natur genießen, und es geht nicht darum, jemanden zu gängeln. Wir wollen auch keine Waldverkehrsordnung, wie es sie in anderen Bundesländern gibt, nach denen man den Wald zu bestimmten Zeiten nicht betreten darf. Das Wild wird in der Dämmerung, also morgens und abends, aktiv. Das heißt, es kommt auf die Wiesen, um zu äsen. Da ist es wichtig, dass man sich nicht in die Quere kommt. Ansonsten bleiben die Rehe im Wald und dann ist der Verbiss an den jungen Bäumen hoch. Deshalb meine Bitte: Auf den Wegen bleiben und zu diesen Zeiten den Waldrand meiden.

Sie haben selbst einen Hund. Was würden Sie Hundehaltern raten, um nicht in brenzlige Situationen zu geraten?

Schulte: Den Besuch einer Hundeschule mit einem Grundkurs Appell und Gehorsam. Wenn ich nur daheim auf dem Sofa sitze, dann braucht es das nicht, aber wenn ich raus in den Wald will, muss der Hund auf jeden Fall gehorchen. Ist das nicht so, kann ich ihn nicht von der Leine lassen.

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