Nach Übergriff in U-Bahn: "Jeder, der hilft, ist ein Held"

23.8.2013, 10:26 Uhr
Nach Übergriff in U-Bahn:

© Johannes Handl

Der 26-jährige griff beherzt ein, als am Sonntagabend in der U-Bahn nach Fürth vier junge Männer drei Mädchen beleidigten und begrapschten. Die Vier richteten ihre Aggression daraufhin gegen den Helfer. Am Fürther Hauptbahnhof verprügelten sie ihn und traktierten ihn noch dann mit Schlägen und Tritten auch gegen den Kopf, als er schon am Boden lag. Sie ließen von ihm ab, als Passanten eingriffen. Vor dem Bahnhof attackierte die Gruppe den 26-Jährigen erneut so lange, bis er bewusstlos wurde.

Dessen Verletzungen waren wohl nicht ganz so schlimm, wie sie erst ausgesehen haben. Laut Polizei trug er Prellungen und Schürfwunden am ganzen Körper davon. Das Klinikum hat er nach einer ambulanten Behandlung verlassen. Inzwischen lässt sich die Kripo den Tathergang von den Mädchen und anderen Zeugen schildern. Die Aussagen, hieß es, decken sich mit den Angaben des Opfers.

Pamela Schmidt, im Polizeipräsidium Mittelfranken zuständig für Prävention, hat mit dem Fürther Fall nicht direkt zu tun. Doch die Kriminalhauptkommissarin sagt: „Jeder, der hilft, ist für mich ein Held.“ Damit der Kreis der Menschen, die eingreifen, größer wird, gibt Schmidt, deren Dienststelle entsprechende Verhaltenstrainings anbietet, Tipps, was Zeugen eines Übergriffs tun können. Sie betont: Wer sich nicht der unterlassenen Hilfeleistung schuldig machen will, hat mehrere Möglichkeiten, einzuschreiten, ohne sich selbst zu gefährden. „Man sucht sich den Weg aus, zu dem man sich in der Lage sieht.“

Eher einfach ist es wohl, per Handy die Polizei (110) zu alarmieren oder einen der Notrufknöpfe neben U-Bahn-Türen und in den U-Bahnhöfen zu drücken. Dabei muss laut Schmidt niemand befürchten, dass er für einen Polizeieinsatz zur Kasse gebeten wird, wenn sich ein Vorfall als weniger dramatisch entpuppt als angenommen. Von solch technischen Möglichkeiten abgesehen könne jemand, der sich stark genug fühlt, aber auch aktiv ins Geschehen eingreifen. Schmidts Vorschlag: Ohne Aggression (körperlich) zwischen Täter und Opfer treten und Letzteres bestimmt ansprechen, auch wenn man die Person gar nicht kennt: „Komm, Sofie, wir gehen da rüber...“ Die Methode könne gefährlich sein, räumt Schmidt ein, aber auch effektiv. „Denn man durchkreuzt den Plan des Täters, sagt ihm, was er zu tun hat.“ Eine Überrumpelungstaktik sei das, die Psychologen „Tat-Schock-Umkehr“ nennen.

Variante zwei: Man holt das Opfer weg vom Angreifer, blickt es fest an, streckt ihm vielleicht die Hand entgegen, „bietet ihm einen sicheren Hafen an“. Schmidt schlägt vor, etwas wie „Hallo Michaela, schön dich zu sehen, komm her zu mir“ auch quer durch die U-Bahn zu rufen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Vorschlag drei: die Suche nach Verbündeten. Motto: „Sie mit der roten Jacke, gehen Sie mit mir da hin?“ Laut Schmidt kann es genügen, sich einen Unterstützer zu sichern und andere Fahrgäste „innerlich auf meine Seite zu ziehen“.

Prinzipiell rät die Expertin, dem eigenen Bauchgefühl zu vertrauen und eventuelle Gefahren von vornherein zu meiden. Hilfreich aber sei es, die eigene Reaktion auf bedrohliche Momente gedanklich durchzuspielen, ohne ein einschüchterndes Auftreten samt aufrechter Körperhaltung, offenem Blick und Brüllen in der Öffentlichkeit zu vergessen. „Dieses Kopfkino ist wichtig. Man nennt das Training.“ Wie ein Fußballprofi, der den Umgang mit dem Ball übt, könne sich so jeder im Geiste damit vertraut machen, was zu tun ist, wenn ein Mensch in Bedrängnis gerät.

Die Kriminalberatungsstelle bietet jeden ersten Mittwoch im Monat ein kostenloses Training zur Gewaltprävention an. Infos unter Tel.: (0911) 21125519.

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