Nachmittage mit Lebenskünstlern

18.4.2014, 11:00 Uhr
Nachmittage mit Lebenskünstlern

© Hans Winckler

„Lebenskünstler“ nennt Felix Trejo vom Freiwilligenzentrum die Senioren. Weil sie es schaffen, trotz der Beschwerden, die das Alter bringt, in den eigenen vier Wänden zu wohnen und den Alltag zu meistern, wenn auch vielleicht mit Unterstützung von Pflegediensten.

Von diesen Lebenskünstlern können sich jüngere Menschen viel abschauen, glauben FZF-Mitarbeiter Trejo und Ute Zimmer, die das Projekt leitet. „Man lernt, Geduld zu haben“, sagt er. Und sie: „Man sieht, welche Herausforderungen, die man sich noch gar nicht vorstellen kann, das Leben bringen kann.“ Dazu gibt es natürlich haufenweise Geschichten, die die alten Menschen erzählen können, und Lebenserfahrungen, die sie gerne weitergeben.

Diese Begegnungen zu ermöglichen, darum geht es beim Projekt „Zeit für Nachbarn“. Das FZF hat es vor einem Jahr ins Leben gerufen, weil viele alleinstehende Senioren ihre Tage recht einsam verbringen, wenn die erwachsenen Kinder berufstätig sind oder in einer anderen Stadt wohnen.

Das Projekt sei gut angelaufen, sagt Zimmer, 14 Freiwillige sind mittlerweile dabei und zwölf Senioren – elf davon sind Frauen. Bei manchen Rentnern sei die Einsamkeit sehr groß, „die wünschen sich am liebsten, dass jeden Tag jemand vorbeikommt“. Den Wunsch kann Zimmer zwar nicht erfüllen, aber manche Senioren haben inzwischen immerhin zwei Besucher.

Die ehrenamtlichen Helfer verbringen gewöhnlich einmal wöchentlich Zeit mit ihrem Projektpartner. Sie genießen gemeinsam Kaffee und Kuchen, plaudern, spielen eine Partie „Mensch ärgere dich nicht“, schauen alte Fotos an – kleine Dinge, die großes Glück bedeuten können: Die gehbehinderte Frau, die sie seit einem Jahr besucht, könne ihre Wohnung im dritten Stock nicht mehr verlassen, erzählt etwa Marijana Ott: „Man muss die Welt zu ihr bringen.“

Ott, 59 Jahre alt, sagt, dass sie sich ihr Leben lang schon gerne gekümmert hat um andere. In ihrer Heimat Kroatien hat sie Sozialarbeit studiert. „Wenn wir anderen etwas geben, dann dürfen wir auch anklopfen, wenn wir später Hilfe brauchen.“

Der Funke springt über

Die Aufgabe, zwei Menschen zusammenzuführen, die zueinander passen, übernimmt bei dem Projekt Ute Zimmer. Sie findet zuerst heraus, was die alten Menschen sich wünschen und was sie brauchen. Zimmer ist auch dabei, wenn sich die beiden das erste Mal begegnen: „Meist spürt man schon beim ersten Gespräch, ob der Funke überspringt.“ Und sollte sich später doch herausstellen, dass die beiden nicht harmonieren, müsse keiner sich verpflichtet fühlen: „Ich löse das auch wieder.“

Ein glückliches Händchen hatte sie offenbar bei Steffen Langner, mit 23 Jahren zählt der Student zu den jüngsten Besuchern. Die ausgewählte Seniorin sei eine „sehr herzliche Person“, sagt er, „wir haben uns auf Anhieb super verstanden“.

Wie es bei den Projekten des Freiwilligenzentrums üblich ist, werden den Helfern regelmäßig Schulungen angeboten. Kürzlich erfuhren Langner und seine Kollegen, worauf sie beim Spaziergang mit ihren neuen Bekannten achten müssen. Zurzeit, besonders wenn das Wetter gut ist, wünschen sich nämlich viele, selbst hinauszugehen in die Welt. Ihre größte Angst ist es, zu stürzen, sagt Ute Zimmer. Alleine trauen sich viele nicht. Aber zu zweit, da sagen die erfahrenen Lebenskünstler nicht nein.

Interessierte können sich melden unter Tel. (0911) 2174782.

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