Nazi-Opfer verhöhnt

12.4.2013, 09:00 Uhr
Nazi-Opfer verhöhnt

© Mark Johnston

Vier Birken stehen am Ufer der Rednitz. Als fleißige Hände Ende der 20er Jahre das Bootshaus des Kanuclubs Fürth bauten, wurden die Bäume gepflanzt, um das Ufer zu befestigen. Daran beteiligt waren zwei junge Männer: Rudolf Benario und Ernst Goldmann.

Das Bootshaus ist längst verschwunden, doch bei den Birken erinnert seit 2007 eine Tafel daran, dass Benario und Goldmann, zwei aktive Kommunisten aus jüdischem Elternhaus, im April 1933 ums Leben kamen – ermordet im Konzentrationslager Dachau, das die Nationalsozialisten kurz zuvor errichtet hatten.

Jetzt ist die Gedenktafel an der Uferpromenade verschwunden. Unbekannte haben sie abmontiert, gestohlen. Zudem schmierten sie auf den davor verlaufenden Rad- und Fußweg mit greller Farbe drei Wörter: „Hans Steinbrenner hier“. Steinbrenner soll als Kompanieführer im KZ Dachau Benario, Goldmann und zwei weitere Männer nicht nur schwer misshandelt, sondern wenig später an SS-Leute übergeben haben, die sie dann im nahen Wald erschossen.

Wegen der gestohlenen Tafel hat die Stadt Fürth Anzeige gegen unbekannt erstattet. Weil die Polizei einen „politischen Hintergrund nicht ausschließt“, ermittelt die Abteilung Staatsschutz der Fürther Kripo. Der Tatzeitraum lasse sich schwer eingrenzen, heißt es, weil der Schriftzug wohl schon einige Tage auf dem Pflaster prangte und den Verlust der Tafel zunächst niemand bemerkte.

Anders verhält es sich mit einem Farbanschlag auf den Infoladen Benario der Antifaschistischen Linken (ALF) in der Nürnberger Straße – ein Schauplatz für politische Veranstaltungen und Vorträge. Zuletzt sprach dort der Historiker Eckart Dietzfelbinger vom Nürnberger Dokumentationszentrum zum Thema „Aufstieg der NSDAP in Franken“. Nach Polizeiangaben schleuderte jemand in der Nacht zum Dienstag eine mit roter Farbe gefüllte Glühbirne gegen den Rollladen. Vor rund einem Jahr war die Scheibe mit einem Backstein eingeworfen worden.

Appell an die Fürther

Die Taten stehen in einer Reihe von Anschlägen auf Menschen und Einrichtungen in Fürth, die sich gegen Neonazis engagieren. Wie berichtet, wurden Reifen zerstochen, ein Wohnhaus wurde mit Farbbeuteln beworfen, ein Auto brannte. Bei der Suche nach den Verantwortlichen tappt die Polizei bislang im Dunkeln, was Antifaschisten heftig kritisieren. Allerdings konnten die Ordnungshüter mangels Zeugen und verwertbarer Spuren auch andere Taten nicht aufklären, die nach ihrem Dafürhalten auf das Konto linksextremer Kreise gehen: So wurde das Kriegerdenkmal im Stadtpark mehrfach beschmiert und das Auto eines Neonazis mit Bauschaum beschädigt.

Dass die Schändung der Gedenkstätte an der Uferpromenade und der Farbwurf auf den Infoladen Benario einen rechtsradikalen Hintergrund haben, steht für Ruth Brenner außer Zweifel. Als Sprecherin des hiesigen Bündnisses gegen Rechtsextremismus und Rassismus bittet sie die Fürther, nun in umso größerer Zahl zu der Gedenkfeier für Benario und Goldmann an diesem Freitag um 17.30 Uhr zu kommen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die in Fürth aktive Neonazi-Tarngruppierung Bürgerinitiative Soziales Fürth immer unverhohlener mit Flugblättern für ihre rassistischen Ziele wirbt (wir haben berichtet).

Bereits um 13 Uhr werden am Freitag Fürther Schüler auf der Kleinen Freiheit gegen „Rassismus und Nazihetze“ demonstrieren. Wenn wenige Stunden später Rudolf Benario und Ernst Goldmann gedacht wird, wird bei den vier Birken eine neue Tafel hängen. Die Stadt hatte sie ohnehin anfertigen lassen, um das verblichene und teils zerkratzte Exemplar zu ersetzen, das nun gestohlen wurde.

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