Neonazis positionieren sich für die Wahl

12.1.2013, 13:00 Uhr
Neonazis positionieren sich für die Wahl

© Günter Distler

Diese sind zwar ausländerfeindlich, allerdings ist das nicht unbedingt auf den ersten Blick zu erkennen. Ein Grund dafür: Zu rassistischen Forderungen – „Einführung eines ,kommunalen Müttergehalts‘ ausschließlich für deutsche Mütter“, Vergabe von Kinder- und Hortplätzen „zuerst für deutsche Kinder“, Ende angeblich „sinnloser Multi-Kulti-Programme“ und Ähnlichem mehr — gesellen sich auch solche, denen nichts Nazistisches anhaftet wie der Ruf nach Unterstützung für sozial schwache Familien oder nach der Aufwertung der Fußgängerzone.

Das Internet-Informationsportal „Bayern gegen Rechtsextremismus“, eine Kooperation von Innenministerium und Bayerischer Landeszentrale für politische Bildungsarbeit im Kultusministerium, gibt an, dass Aktivisten des rechtsextremistischen Netzwerks Freies Netz Süd (FNS) die BSF 2009 gründeten, um langfristig an Kommunalwahlen teilzunehmen. Etwa mit Flugblattaktionen versuche die Gruppierung, auf lokaler Ebene einen hohen Bekanntheitsgrad zu erreichen. Unter anderem wurden demnach im Juli 2012 staatliche Subventionen des Jüdischen Museums als „Verschwendung von Steuermitteln“ angeprangert, „um so unterschwellige antisemitische Einstellungen in der Bevölkerung zu fördern“.

Trotzdem: Als Volksverhetzung strafbar sind die Flyer nicht, heißt es bei der Polizei ebenso wie im Rathaus. In den Stadtfarben Weiß und Grün gehalten wirken die Blättchen der BSF in Fürth fast offiziös. Waren sie bislang zugeschnitten auf ganz bestimmte Themen, so liest sich das Pamphlet, das zuletzt in Briefkästen in Unterfarrnbach, Stadeln, Ronhof, Poppenreuth und der Südstadt steckte, wie ein Parteiprogramm.

Einer der Empfänger, ein 72-jähriger Rentner, wollte es erst ungelesen wegwerfen, wurde aber stutzig. Auf den zweiten Blick sei ihm aufgefallen, so sagt der Mann, „dass da ständig das Wort ,deutsch‘ stand“. Ihm wurde schlagartig klar, dass er es mit einem Wolf im Schafspelz zu tun hat. Als er ganz genau hinschaute — „Dafür braucht man fast schon eine Lupe“ — erkannte er im Kleingedruckten den Namen des presserechtlich Verantwortlichen: M. Fischer.

Der Neonazi Matthias Fischer aus Stadeln ist einer der Hauptaktivisten im Freien Netz Süd und stand früher an der Spitze der „Fränkischen Aktionsfront“, die vom bayerischen Innenministerium verboten wurde. Fischer ist mehrfach vorbestraft, zuletzt verbüßte er eine längere Haftstrafe wegen Volksverhetzung. Bei der Kommunalwahl 2008 scheiterte er mit der rechtsradikalen NPD in Fürth im Vorfeld.

Wie berichtet, kursierte im Sommer 2012 in Stadeln ein BSF-Flugblatt, das junge Migranten denunzierte. Verantwortlich dafür zeichnete der mehrfach vorbestrafte Sebastian Schmaus, der als Vertreter der NPD-Tarnliste „Ausländerstopp“ im Nürnberger Stadtrat sitzt. Auch vor dem Hintergrund des vom Bundesrat beschlossenen Verbotsverfahrens gegen die NPD vor dem Verfassungsgericht und dessen nicht absehbarem Ausgang sieht es für Rechts- und Ordnungsreferent Christoph Maier „ganz danach aus“, dass sich die Rechtsradikalen nun „unter dem Deckmäntelchen der BSF“ erneut positionieren, um ins Rathaus einzuziehen.

Maier fürchtet zwar: „Ein Teil der Bevölkerung könnte den Parolen dieser Leute auf den Leim gehen.“ Doch das sei kein Grund für Panik und Aktionismus: „Man darf von einer Stadt nicht erwarten, dass sie gegen jede Meinung außerhalb des demokratischen Spektrums vorgeht“, findet der Referent. Und: „Eine Demokratie muss mit einem gewissen Maß an Idiotie leben.“

 

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