Neue Ausstellung im Rundfunkmuseum Fürth

27.7.2015, 16:00 Uhr
Neue Ausstellung im Rundfunkmuseum Fürth

© Foto: Hans Winckler

„Möge die Macht mit dir sein!“, verspricht der Fußabtreter auf der Schwelle zum Ausstellungsraum. Da fühlen sich Fans wie Verächter der „Star Wars“-Serie gleichermaßen angesprochen. Sie entspringt, wie alle anderen präsentierten Filmerfolge, dem phantastischen Genre. Als Zentrum und Urahne aller Roboter, ja als Großmutter von C3PO, steht die Roboterdame Maria aus „Metropolis“ (1926) in einer Vitrine — wenn auch als Figürchen. Rund um sie herum führen die Gestalten aus dem „Star Wars“-Universum, der Harry-Potter-Welt und all die kulleräugigen Disneyfiguren ihren Reigen auf.

Der Disney-Konzern gilt als der drittgrößte Medienkonzern der Welt. Als solcher vermarktet er sämtliche Figuren aus seiner Trickschmiede bis ins letzte Detail des Alltagszubehörs. „Wir wollten nicht nur Sammelstücke präsentieren, sondern auch Artikel, die gar keinen Bezug mehr zu den Filmen haben, etwa Schokolade, Parfüm oder Ess-Stäbchen“, erläutert Museumsdirektor Danny Könnicke das Konzept.

Einen bizarren Höhepunkt der Schau bildet ein Kinderzimmer, das nur mit Disney-Kram bestückt ist. Der Fernseher mit den runden schwarzen Lautsprechern ist dem Kopf der Mickey Mouse nachempfunden. Vom Zifferblatt eines Retro-Weckers mit zwei Schepperglocken grüßt der „König der Löwen“. Schneewittchen, Cinderella und andere Märchenprinzessinnen lächeln von Shampooflaschen und Deodorants, während Tinkerbell sich auf einem Badetuch räkelt.

Macht der Bilder

 

Tinkerbell ist Peter Pans Begleiterin, doch von der Disney-Ästhetik dermaßen aufgesogen und geprägt, dass zahlreiche Leser und Filmfans „Peter Pan“ für eine reine Disney-Erfindung halten. Dabei ist er eine von Disney lediglich adaptierte Gestalt, genauso wie Pinocchio, Schneewittchen, Bambi oder Mowgli aus dem „Dschungelbuch“. Doch die Macht der Bilder, mehr noch die Allgegenwärtigkeit dieser Filmbilder in Spielecken, Badezimmern, Küchen und Bettwäsche überdeckt die Originale und manipuliert das kulturelle Gedächtnis.

Größere Kinder wenden sich den Allmachtsphantasien der Weltraum- und Hexenküchenabenteurer zu. Laserschwerter und -pistolen aus „Star Wars“ schmücken die Vitrinen, sogar mit Zahnbürsten bestückte Raumschiffe stehen startbereit — sowie eine Armada aus Kunststoff-Figürchen. Leihgeber der „Star Wars“-Vitrine ist Wolfgang Schlögl. Der 46-Jährige ist Doktor der Ingenieurtechnik und ein leidenschaftlicher Sammler. Die Filme der ersten Trilogie sah er als Teen ab 1977, zu sammeln begann er aber erst in den Neunzigern.

Noch originalverpackt

 

Dabei zählt der Besitz und das Betrachten vielmehr als das Spiel mit den Figuren. Die teuersten Artikel sind nämlich originalverpackt. Schlögl wird sie niemals auspacken. Stattdessen wälzt er Fachliteratur zu Figürchen, deren Design mehrfach überarbeitet worden ist und deren Prototypen heute mehrere Hundert Euro wert sind.

Wie so ein industriell gefertigter Mythos vom Originalkunstwerk bis zur zigfachen Vermarktung entsteht, kann man schön an „Harry Potter“ betrachten. 1997 erschien der erste Band der Serie, heute häuft sich ein Stapel von sieben Büchern, acht Filmen und Krimskrams wie Zauberstab-Kugelschreiber und Zeitumkehr-Medaillons in den Vitrinen.

Zur Vernissage gestern ließ es sich der „Star-Wars-Fanclub Nürnberg“ nicht nehmen, mit Roboterkluft und Laserkanone für Stimmung zu sorgen. Am 1. Oktober veranstaltet das Rundfunkmuseum einen Disney-Filmabend (der Titel wird noch gewählt), am 21. Oktober folgt ein Retro-Spiele-abend mit Konsolen aus der PC-Steinzeit und dem Atari-Neandertal.

Preisfrage: Gibt es vielleicht einen Bereich, den die Merchandise-Mythen nicht besetzt halten? Etwa Erotikzubehör? Nein, auch vom Kondom grüßt Darth Vader: „I’m not your Father!“

„Kauf dir das! Wie Filme vermarktet werden“: Rundfunkmuseum der Stadt Fürth (Kurgartenstraße 37 a). Dienstags bis freitags 12-17, Wochenenden und Feiertage 10-17 Uhr. Bis 6. Dezember.

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