Nicht mal der Tapir enthüllt die Mysterien

14.1.2019, 12:16 Uhr
Nicht mal der Tapir enthüllt die Mysterien

© Foto: Sonja Och

Wenn drei etwas gemeinsam tun, dann ist es immer nett, eine Verbindung zwischen den einzelnen Protagonisten zu finden In der Mathematik sucht man in diesem Fall den gemeinsamen Nenner. Ein Bemühen, das offensichtlich auch bei einer offiziellen Ausstellungsbeschreibung von Fatma Güdü, Michael Hottner und Kai Klahre unternommen wurde. "Sie gehören zu einer neuen Generationen von Künstlern, die wieder das Althergebrachte in den Mittelpunkt stellen", hieß es. Und weiter: "Ehrliche Kunst, eigenhändig und schweißtreibend erschaffen in traditioneller Manier."

Nun, das offenbart natürlich erst einmal ein recht erstaunliches Bild, das sich da jemand von der Arbeit anderer zeitgenössischer Künstler macht. Aber darum geht es hier freilich nicht. Was die drei präsentieren, ist tatsächlich auf einem außerordentlich hohen zeichnerischen und malerischen Niveau. Herausgearbeitet haben sie alle ihre Fähigkeiten als Meisterschüler von Thomas Hartmann an der Kunstakademie in Nürnberg.

Fatma Güdu, die 1983 in Nürnberg zur Welt kam, hat ins Stadttheater zum Beispiel elf kleinformatige Tuschearbeiten mitgebracht. Sie setzt Striche und Farbe auffallend ökonomisch ein. Wenige, durchdachte Akzente genügen ihr, um im Kopf des Betrachters ein fantastisches Mutmaßen in Gang zu setzen. Da ist etwa die "Wahrsagerin", die einen Punkt im Irgendwo fixiert, in sich gekehrt, sehend. Was sie in welchem Universum erblickt, bleibt ihr Geheimnis. Das sie ebenso wenig teilt, wie der nackte Torso einer Frau enthüllt, welche voyeuristische "Inaugenscheinnahme" an ihm gerade vollführt wird.

Als fabelhafter Geschichtenerzähler präsentiert sich auch Michael Hottner. Der 38-jährige Künstler, der aus Schwandorf stammt, wo er auch heute lebt und arbeitet, entwirft und zeichnet wunderbare, unergründliche Welten. Menschen tauchen mit der größten Selbstverständlichkeit darin auf, hantieren mit merkwürdigen Werkzeugen und gebärden sich, als seien sie mit Aufgaben von größter Wichtigkeit betraut. Dass ihre perfekt konstruierte Umwelt keiner uns auch nur annähernd bekannten Wirklichkeit ähnlich sieht, scheint sie nicht zu stören. Und nicht einmal der Schabrackentapir, der klug und wissend seinen Kopf von den werkelnden Menschen abwendet, ist bereit, über dieses weitere Mysterium aufzuklären.

Noch einer, der die "traditionelle Manier" großartig beherrscht, ist Kai Klahre (37), der ebenfalls in Nürnberg wirkt. Er hat unter anderem Porträts mitgebracht, zweifellos eine althergebrachte Kunst, die er mit einer Art von Kommentarfunktion versieht. Denn seine Menschenbilder sind stets auch eine sehr intime Anmerkung zur Person. Da gibt es bekannte Gesichter, Zeichner-Urgestein Horst Janssen etwa. Daneben Bühnengrößen wie King Lear oder jener "Famous Friend", der anderenorts auf den Namen R2-D2 hört. Sie alle sind mit Öl auf Aluminium gemalt, meist pastös im Auftrag, aber stets mit einer Intimität, die von Nähe und Verständnis berichtet.

Warum die Ausstellung den Titel "235 kg Rohgewicht" trägt? Ehrliche Antwort? Keine Ahnung. Man könnte natürlich jemanden, der es wissen sollte, fragen. Aber kann die Auflösung überhaupt so befriedigend sein, wie die Frage rätselhaft ist. . ?

"235 kg Rohgewicht": Art-Agency Hammond im Stadttheater. Nach Vereinbarung (Tel. 77 07 27) sowie 60 bis 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn. Bis einschließlich 15. Januar.

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