Nord-Süd-Verbindung im Osten als denkbare Lösung?

19.7.2014, 06:00 Uhr
Nord-Süd-Verbindung im Osten als denkbare Lösung?

© Martin Kypta

„Das Verkehrsaufkommen in Deutschland wird bis zum Jahr 2030 um bis zu 40 Prozent steigen“, prognostizierte der Münchner Ingenieur Matthias Kölle in seinem Vortrag. Mit der Zunahme der älteren Bevölkerung werde zugleich die Zahl der Autofahrer steigen. Eine Entwicklung, die natürlich auch Cadolzburg treffe, betonte Kölle.

Schon heute pendeln laut Kölle zirka 3000 Personen aus Cadolzburg zu ihren Arbeitsplätzen außerhalb der Marktgemeinde. Gleichzeitig locken Cadolzburger Unternehmen 1900 Arbeitskräfte aus der Umgebung in den Ort.

Die hohe Belastung der Staatsstraße 2409, die direkt durch den Kernort führt, ist ein drängendes Problem für die Marktgemeinde. Die Frage, ob eine Ortsumgehung eine Lösung sei, soll derzeit in einer Projektwerkstatt geklärt werden. In einer Podiumsdiskussion wurden jetzt Experten um Rat gefragt.

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Professorin Ingrid Burgstaller zeigte Chancen einer Ortsumgehung: Plätze, etwa um Rathaus und Kriegsgefallenendenkmal, könnten aufgewertet, zukünftige Gäste der Burg in Geschäfte und Restaurants gelockt werden.

Einige Bürger reagierten erschrocken angesichts der geballten Expertenmeinung, die eine Umgehung zumindest nicht ablehnte. „Mit dem Bau einer Ortsumgehung würde auch der Fernverkehr zunehmen“, vermutete Francoise Eberlein. „Wer Straßen sät, erntet Verkehr“, wiederholte sie ein Sprichwort. Diese Einschätzung bestätigte Matthias Kölle sofort: „Eine Ortsumgehung würde mehr Verkehr tragen, als die Ortsdurchfahrt heute.“

Eine Entscheidung pro Ortsumgehung sei weder von Seiten der Fachleute noch von staatlichen Stellen gefällt, erklärte Rainer Popp vom Staatlichen Bauamt Nürnberg. Und er ergänzte, die Ergebnisse einer aktuellen Verkehrszählung und eine Bewertung der Auswirkungen auf Natur und Landschaft stünden immer noch aus. Wie viele Fahrzeuge die Staatsstraße heute nutzen, um nur nach und nicht durch Cadolzburg zu fahren, ist also offen. Klar ist: Verläuft eine breit ausgebaute Straße westlich an Cadolzburg vorbei, beeinflusst das den Blick auf das malerische Burgpanorama, Wanderwege würden zerschnitten und landwirtschaftliche Flächen verloren gehen.

Aktuell haben die Kraftfahrzeuge jedoch keine andere Chance, als durch Cadolzburg hindurchzufahren. Teile der Bevölkerung befürworten daher den Bau einer Umgehung. Ihre Kinder und Enkelkinder sollen nach deren Wunsch wieder die Nürnberger Straße überqueren können, ohne an der Hand der Erwachsenen geführt werden zu müssen.

Bürgermeister Bernd Obst brachte eine Lösung ins Gespräch, die Cadolzburg noch stärker entlasten soll. Er schlug eine Nord-Süd-Verbindung vor, die näher am Ballungsraum der Großstädte Nürnberg und Fürth liegt. Konkreter wurde Obst aber nicht. Er brachte keine mögliche Trassenführung ins Gespräch.

Der Einwurf des Bürgermeisters machte deutlich, dass die Verkehrsprobleme im Landkreis kaum von einer Kommune allein gelöst werden können. Als die Stadt Fürth jüngst einer Trasse westlich von Burgfarrnbach eine endgültige Absage erteilte, empfanden das einige Gemeinderäte in Cadolzburg als unbedachten Alleingang. „Die Stadt Fürth macht es sich einfach und verschiebt die Probleme in den Landkreis“, klagte CSU/FWG- Sprecherin Barbara Krämer. Es fehle eine Nord-Süd-Verbindung in der Region.

Planung im Großraum

Auch die Projektwerkstatt stößt an diese Grenzen. „Wir brauchen eine Projektwerkstatt für den Großraum“, forderte Francoise Eberlein. Sonst würden die Probleme nur anderen zugeschoben, warnte die engagierte Bürgerin.

Bis dato setzt das Staatliche Bauamt mit Fördergeldern und viel Arbeitszeit auf die etablierte Einrichtung. Sechs Mal hat sich die Projektwerkstatt in Cadolzburg seit September 2013 getroffen. Protokolle und Profile der insgesamt 33 Mitglieder können auf der Internetseite www.projektwerkstatt-cadolzburg.bayern.de gefunden werden.

Jetzt hat sich die Projektwerkstatt eine lange Sommerpause verordnet. Ohne die Ergebnisse aus Verkehrszählung und Umweltgutachten fischen die Akteure im Trüben. „Anfang Oktober wissen wir mehr“, versprach Popp. Kurzfristige Lösungen wird es bis dahin nicht geben: Fahrbahnerhöhungen oder eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf der Staatsstraße lässt die aktuelle Gesetzgebung nicht zu.

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